Wenn die Zahlen meines Freundes stimmen, der als Ingenieur weltweit Milliardenprojekte im Infrastrukturbereich projektiert, dann hat sich die Menschheit seit dem Zweiten Weltkrieg 1945 verdreifacht und braucht mittlerweile nur noch 13 Jahre, um die Weltbevölkerung um eine weitere Milliarde Menschen zu reproduzieren. Aktuell sind wir acht Milliarden.
Und eine Bekannte, die seit Jahrzehnten als Krankenschwester in der Intensivpflege arbeitet, meint, nach Covid-19 und dessen Mutationen käme das nächste Virus, das die Menschheit bedroht und einen erneuten Lockdown hervorruft. Das glaube ich übrigens auch, weil das aktuelle Virus nach meinem Kenntnisstand seine Ursache darin hat, dass Tier und (zu viel) Mensch viel zu dicht beisammen sind, was Übersprünge und Mutationen zur Folge hat, deren Konsequenzen niemand absehen kann.
Mein Verstand, meine Ethik und meine Allgemeinbildung sagen mir, dass es unbegrenztes Wachstum nicht gibt. Jede Ratten-, Heuschrecken- oder sonstige Population, die überhandnimmt, dezimiert sich selbst, in dem sie bspw. ihren „Wirt“ verzehrt. Im Großen tut der Mensch dies aktuell mit der Welt, im Biologisch-Naturwissenschaftlichen tut er es mit seiner Vermehrung. Und wo den Tieren und deren Schmarotzern, also Viren, kein Rückzugsraum bleibt, weil der Mensch ihnen das letzte Terrain, z.B. den Regenwald in Brasilien oder die Streuobstwiese auf der Schwäbischen Alb nimmt, sterben sie aus oder springen auf die Eindringlinge, z.B. Holzfäller und Brandrohder, über, die diese Viren zu den Menschen in die „Zivilisation“ tragen.
Und obwohl ich als Katholik und Theologen den Menschen für Gottes Ebenbild halte, den ich in Wolfgang Amadeus Mozart, Ludwig van Beethoven, Mahatma Gandhi, Nelsen Mandela, Martin Luther King, Adolf Kolping oder Dietrich Bonhoeffer u.v.a. mit Leichtigkeit erkenne, erachte ich ihn als Gattung für egoistisch, respektlos, primitiv, böse – eben gottlos. Deshalb spende ich schon lange nicht mehr für humane Zwecke wie Medizin oder Nahrung, sondern nur noch für Bildung.
Und weil uns – klimathematisch betrachtet – die Zeit davonläuft, werde ich auch das immer weniger tun zugunsten von Tierwohl und Umweltschutz. Wohl wissend, dass dann unschuldige Säuglinge in Äthiopien oder sonst wo sterben, deren Leben ich – faktisch – „in der Hand habe“. Ja, wenn sechs Milliarden Menschen von uns verschwinden würden, hielte ich das für fair und sinnvoll. Und analog des kategorischen Imperativs von Immanuel Kant, dem Vater der Aufklärung im 18. Jahrhundert, hielte ich die Aufforderung auch aufrecht, wenn ich selbst davon betroffen wäre – oder meine Kinder.
Meinem Sohn habe ich mehrmals gesagt, dass ich kein Großvater werden will, allein schon, weil ich diese Perspektive der Erderwärmung meinen Liebsten ersparen will: Mein Enkel soll nicht Flüchtlinge ins Mittelmeer zurückdrängen oder Söldner für diese „Arbeit“ bezahlen müssen. Oder diese Flüchtlinge ins Land lassen und – wie auf der Titanic – mit ihnen sterben müssen, weil es auf Erden 2100 um sechs Grad wärmer sein wird. Auch das ist längst bekannt.
Vor diesem Hintergrund langweilt mich die aktuelle Diskussion um die vermeintliche Triage im Kontext der Covid-19-Erkrankung und die vermeintliche Ethik, den über 90- und 100-Jährigen als Ersten den Impfstoff zu gewähren, der vor der tödlichen Seuche schützt. Warum nicht erst den 65- bis 80-Jährigen, die als agile Rentner viel mobiler (und damit gefährlicher) sind und noch jede Menge Lebenszeit vor sich haben? Oder die Ärzte, Krankenschwestern und Pflegekräfte, die das Gesundheitssystem aufrechterhalten? Oder die Politiker auf allen Ebenen, die die repräsentative Demokratie am Leben halten? Oder die Polizei und Ordnungskräfte, die die Exekutive am Laufen halten? Oder die Müllmänner, das Personal der Lieferdienste, die Seelsorger u.v.a.?
Oh Mann, ich bin so müde, diese verlogenen Diskussionen täglich aufs Neue wahrnehmen zu müssen. Und den Egoismus, die Feigheit, die Dummheit und Verblendung erleben zu müssen wie jüngst beim Sturm fanatischer „Republikaner“ auf das Kapitol in Washington, um den Kongress zu verhöhnen. Jedes der 50 Millionen Schweine, die jährlich in Deutschland unter bestialischen Umständen „produziert“ und getötet werden, scheint mir da klüger, emotionaler und kostbarer zu sein. Frei ist, wer den Tod nicht fürchtet. Denn leben bedeutet zu sterben. Hoffentlich werde ich nicht allzu alt. Mir reicht schon heute, was ich gesehen habe.