Rund 100 Ehrenamtliche haben beim „Markt der Möglichkeiten“ am Sonntag in der Schorndorfer Heilig-Geist-Gemeinde, die ich regelmäßig besuche, die Vielfalt kirchlichen Lebens aufgezeigt. Allerdings wurde das Ziel, damit neue Akteure zu gewinnen, nicht erreicht. Denn die überwiegend Älteren blieben im Gemeindehaus an ihren rund 20 Info-Ständen unter sich.
Waren im Gottesdienst, den auch die 60 Erstkommunionkinder mit ihren Eltern besuchten, noch gut 600 Gläubige, so folgte der Einladung zur Gemeindeversammlung samt einfachem Mittagessen im Anschluss nur der harte Kern. Mit einer Powerpoint-Präsentation visualisierte Gemeindereferent Norbert Pauler die Strukturen und Angebote.
So hat die Gemeinde mit Heilig Geist und St. Markus und den Teilorten Schornbach und Haubersbronn vier Glaubensorte, an denen Sakramente wie Taufe, Erstkommunion, Firmung, Ehe und Krankensalbung noch gut nachgefragt würden. Zusammen mit Weiler und Winterbach bildet die Gemeinde eine Seelsorgeeinheit, die ein sechsköpfiges Pastoralteam unter Leitung von Pfarrer Manfred Unsin führt.
Neben dem 71-Jährigen, der in Personalunion auch Dekan ist, sind dies ein Priester mit Dienstsitz in Winterbach; ein Vikar, der ausbildungsbedingt nicht voll umfänglich zur Verfügung steht, sowie zwei Gemeindereferenten (Ausbildung) und eine Pastoralreferentin (Studium). Pauler: „Damit Sie den Vergleich haben: Uns stehen auf evangelischer Seite allein zwölf Pfarrer in acht Kirchengemeinden gegenüber.“ Das erschwere auch die Präsenz in der Ökumene, zumal an Freikirchen eine ähnliche Zahl nochmals hinzukomme. Da fällt dann kaum ins Gewicht, dass aktuell eine 100 Prozent-Stelle im Team vakant ist.
Umso lebendiger ist trotz Alterung und Dezimierung das Gemeindeleben: Da gibt es Firm- und Kommunionhelfer, Klinikseelsorge, Kinderkirche, Ministranten, Erwachsenenbildung, Religionsunterricht, Frauenbund, 18 gewählte Kirchengemeinderäte samt diverser Ausschüsse, Seniorenarbeit, zwei Kindergärten mit sieben Gruppen, Kolping-Familie, Katholische Arbeitnehmer Bewegung (KAB), Eine Welt-Gruppe, Arbeitskreis Asyl, drei Gebetsgruppen, biblisches Tanzen, Kirchenchor, Bewirtungsteam und viele Aktivitäten wie Gemeindefest, St. Martin-Umzug, Konzerte, Fronleichnam-Prozession und Dienste wie Organist, Mesner oder Sozialstation.
„Die Kirche hat viele theologische Antworten, aber die Fragen darauf werden kaum mehr gestellt – und die Antworten nicht mehr gehört oder verstanden“, konstatierte Pauler. Das spiegelt sich in den Themen und Akteuren: Beim Frauenbund treffen sich nicht junge Mütter, sondern Omas und bei der einst sozialkritischen KAB oder Kolping diskutieren nicht Facharbeiter den Klassenkampf, sondern treffen sich Rentner zum Thema Altersarmut.
Entsprechend vertraut war die Stunde, in der die Gläubigen sich gegenseitig an ihren Infoständen besuchen konnten. Und statt anschließend im Plenum das eigene Denken und Handeln zu reflektieren, wurden neue Aktionsfelder definiert, auf denen sich Kirche zeigen müsse, aber für die sie gar nicht mehr die personellen Ressourcen hat. Da wurde gefordert, sich öffentlich über den Pflegenotstand zu empören oder „mal richtig Geld in die Hand zu nehmen“, wahlweise für eine professionelle Kommunikation oder attraktive Jugendarbeit.
Als Firmhelfer warf ich ein, dass solcher Aktionismus nichts bringe, weil es weder an Information noch an Angebot fehle. Junge Leute seien allenfalls dann für die Kirche erreichbar, wenn die Alten bspw. in meinen Firm-Stunden aus ihrem Glaubensleben erzählen oder den Jugendlichen zuhören statt über sie zu urteilen.
Pfarrer Unsin argumentierte in dieselbe Richtung. Kern des Katholizismus sei nicht Aktion, sondern die Eucharistie – und die Gottesdienste sind auch werktags erstaunlich gut besucht. Heike Mopils, 2. Vorsitzende des Kirchengemeinderates, die den Nachmittag mit einem Gebet beendete, appellierte zuvor an die Anwesenden: „Unser persönliches Lebenszeugnis ist wichtiger als all unsere Gruppen.“