Sehr aufwändig: Fünf Bauhofmitarbeiter und drei Fahrzeuge für vier Tage, um acht Pappeln zu schneiden. FOTOS: FROMM

Alle Jahre wieder werden bei uns in der Straße im Februar die rund zehn Pappeln geschnitten. Das ist für mich immer das Signal: Der Frühling kommt. Und anschließend sieht es sehr geordnet aus und die von ihren Ruten befreiten Äste wirken auf mich, als ob sich geballte Fäuste zum Himmel streckten. Sehr ästhetisch und aufgeräumt, dieser Anblick. Danke an das städtische Bauhof-Team, das uns Anwohnern jährlich diesen Dienst erweist.

So viel zum Lobaspekt. Weil wir aber ständig über Bürokratieabbau und Schuldenbremse reden – im Kontext lahmender Wirtschaft und überschuldeter öffentlicher Haushalte – möchte ich an diesem Beispiel ein paar Reformvorschläge machen. Jährlich ist ein fünfköpfiges Team mit zwei kommunalen Pritschenfahrzeugen und einem gemieteten Hubsteiger vier Tage vor Ort, um diese Leistung zu erbringen. Dabei sägt im Hubsteiger nur einer, was die vier anderen machen, erschließt sich mir selbst beim Zuschauen nicht.

Vermutlich sind dabei Vorschriften der Arbeitssicherung und der Berufsgenossenschaft (Bürokratie!) zu befolgen, wonach ein Einzelner nicht im Hubsteiger sein oder maximal nur eine Stunde sägen darf. Vermutlich sichern andere am Boden den Straßenverkehr und die Fußgänger. Dazu möchte ich erwähnen, dass im Vorfeld über die gesamte Länge der Pappelallee eine Sperrung über die gesamte Fahrspur ausgeschildert und beschrankt wird, die bei gesundem Menschenverstand für eine kleine Großbaustelle reichen würde.

Aber mit Sicherheit wird auch hierbei nur dem Gesetz (Bürokratie, Sorgfaltspflicht, Haftungsrecht) genüge getan. Denn genügend Anwälte, die das Gemeinwohl einen Kehricht schert und sich ziemlich clever vorkommen, haben sich seit Jahrzehnten darauf spezialisiert, Rechtslücken und Verfahrensfehler zu identifizieren, aus denen sie dann Klagen und Schadensersatzforderungen ableiten, denen im Rechtsstaat selbstverständlich gefolgt wird – spätestens in dritter Instanz.

Daraufhin ergeht ein Erlass an alle Behörden, künftig entsprechende Vorkehrungen zu treffen. Dieser Rechtsstaat überlastet unsere Justiz, blockiert unser staatliches Handeln und mästet in jüngster Zeit die AfD, die sich beliebig Facetten vermeintlicher demokratischer Unfähigkeit oder Bestechlichkeit herauspickt oder irgendeinen Zusammenhang zu Migranten herstellt, die „Schuld“ seien. Ein Letztes: Als ich fast zehn Jahre Allein-Selbständiger war, durfte ich Tag und Nacht arbeiten.

Kaum hatte ich ein Büro angemietet und Leute eingestellt, kamen Brandschutz, Kammern, Berufsverbände und alle möglichen Auflagen bis hin zum Arbeitsrecht, das verhinderte, einen völlig inkompetenten Volontär, der mich zudem noch betrog, fristlos rauszuschmeißen. Stimmt nicht. Rauswerfen durfte ich ihn, aber ich musste ihm noch monatelang sein Gehalt (damals gut 2000 Euro brutto/Monat) zahlen, weil er in Ausbildung einem besonderen Kündigungsschutz unterliegt. Und: Am Ende erpresste er noch ein Topp-Zeugnis, weshalb mich derlei Testate seither nicht mehr interessieren.

Zurück zum Pappeln-Schneiden: Ich gönne diesen fünf Menschen ihren Job, frage mich aber, ob bei einem Quintett nicht auch Einsparpotential vorhanden ist, zumal die Arbeiter in Orange relativ oft in ihren Fahrzeugen saßen (mit denen sie noch den Fußweg durch den Alten Friedhof blockierten) oder rauchend an der Straße standen. Wir haben uns da früher noch besser „als fleißig getarnt“ bei unseren Studentenjobs in Fabriken.

Um es kurz zu machen: Ich würde den Absperraufwand um 75% reduzieren und wem ein Ast auf den Kopf oder das Auto fällt, der wäre selbst schuld, weil er die Markierungen mißachtet hat. Das wäre ein mündiger Staat, der seine Bürger für erwachsen nimmt. Und den Betriebshof würde ich personell über Fluktuation abschmelzen und solche saisonalen Arbeiten an Gartenbauer vergeben. Beim bundesweiten Fachkräftemangel würden diese Arbeitskräfte dringend anderenorts gebraucht.

Und bei externen Dienstleistern hätte vermutlich ein Duo in zwei Tagen den Auftrag erledigt. Diese Subunternehmer könnten wiederum Flüchtlinge beschäftigen, die jung, kräftig und gewandt sind und hier gerne Geld verdienen würden, das sie nach Hause schicken können. Für den Job braucht es zudem keine Sprachkenntnis. Die AfD wäre vermutlich binnen zwölf Monaten auf heutigem FDP-Niveau und die bundesdeutsche Verwaltung zunehmend wieder leistungsfähig, weil sie das Geld bspw. in ihre Digitalisierung investieren könnte – oder unsere Schulden mindern.

Ein Letztes: Ich möchte jeden meiner Leser bitten, jetzt noch eine Schweigeminute für Alexej Nawalny anzuhängen oder ein Vater-unser für ihn und das russische Volk zu beten. Er ist ein Vorbild und mir Verpflichtung zu Wahrhaftigkeit und Aufrichtigkeit – bis in den Tod. Denn sterben werden wir ohnehin. Aber bitte mit Haltung!

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