Üblicherweise wäre ich jetzt zu dieser Zeit am Sonntag im Gottesdienst: Kraft sammeln für einen Alltag voller Widerstände, Schwierigkeiten und Herausforderungen, die ich alleine nicht lösen kann. Z.B. Flächenfraß, Artensterben, Klimaerwämung, Kriege, Streit und Krankheit in meinem (näheren) Umfeld. Doch der Gottesdienst fällt aus: Infektionsgefahr. Ich frage mich, ob es klug ist, wenn ein Volk (die Menschheit) in Panik ist, gerade diese Ressource zu kappen. Und als regelmäßiger Kirchgänger weiß ich, der Besuch ist so schwach, dass wir sicher je einen Meter Abstand voneinander halten könnten. Platz ist in den meisten Kirchen schon lange genug vorhanden.
Und wenn Corona vor allem die Kranken und Schwachen trifft, frage ich mich: Ist das nicht der Darwinismus, den unsere kapitalistische Leistungsgesellschaft ohnehin seit Jahrzehnten in ihrem Neoliberalismus praktiziert? Wo sind dort der Aufschrei und die Quarantäne, z.B. in Form von Beschränkungen und Verboten (Tempolimit, Pfand, persönliches CO2-Kontingent etc.)? Bedingungsloses Grundeinkommen oder Steuersätze von 70 Prozent und mehr ab der zweiten Million Einkommen etc. wären Maßnahmen, die Gesellschaft als Gemeinschaft zu retten. Wie jetzt – durch massive staatliche Eingriffe – die Gesellschaft vor der vermeindlichen Pandemie geschützt wird.
Ich schreibe „vermeindlich“, weil ich kein Arzt, geschweige denn Virologe, bin. Ich weiß nur, dass es auch in meinen Professionen als Theologe, Redakteur oder Gestalttherapeut immer unterschiedliche Positionen gab und gibt, bei denen sich nicht immer „die Richtige“ durchsetzt. Und ich glaube zu wissen, dass auch in der Vergangenheit „Medien“ einseitig berichtet haben, z.B. wenn es um Rußland ging oder die Weltwirtschaftskrise 2009/10. Und auch Poliker agieren einseitig und sedierend („die Renten sind sicher!“, „ihr Erspartes ist sicher!“, „wir haben alles unter Kontrolle“), wenn es um deren Interessen geht, weiter zu regieren. Deshalb verlinke ich in diesem Beitrag auf das Video mit dem Hausarzt Rolf Kron, das mir gestern von Freunden zugespielt wurde, denen ich vertraue.
Dazu veranlasst mich, dass „die Medien“ die aktuelle Situation mit ihrer Art der „Berichterstattung“ verstärken: Wie ein Erfolg wurde vorigen Sonntag vermeldet, dass Deutschland nun auch seinen ersten Corona-Virus-Toten hat. Ende der Meldung statt zu recherchieren, was der Kontext dieses Todes war. Tags darauf die Meldung, es komme zu ersten Hamsterkäufen, die mit Fotos leerer Supermarktregale unterlegt wird, um deren emotionale Wirkung zu entfalten. So bringen Medien Unentschlossene, Ungerührte oder Besonnene auch auf die Idee, mehr einzukaufen. Dazu die Filmsequenzen von genau solchen Hamsterkäufern, die meist lächelnd in die Kamera begründen: „Ach, das mache ich jetzt halt mal so – man weiß ja nie!“
Solches Blaba in Verbindung mit der Physiognomie dieser Menschen zeugt jeweils nicht unbedingt von Intellekt. Viel mehr scheint der Reporter froh zu sein, jemanden vor der Kamera dazu gebracht zu haben, überhaupt etwas zu sagen. Als Volontär, der 1991 wöchentlich freitags die Straßenumfrage machen und sechs Statements mit Foto und vollem Namen liefern musste, weiß ich, wovon ich spreche. Und damals waren vermutlich Scham und Respekt vor den Medien noch größer. Heute geilen viele Menschen nach einem offenen Mikrophon oder einer Kamera. Hauptsache online. Wenn jetzt also etliche 90-Jährige wegen Corona sterben, die diesen Winter ohnehin einer Grippe erlegen wären, werden im Idealfall ein Haus oder eine Wohnung frei, die unsere Gesellschaft dringend für junge Familien brauchen. Statt dessen dürfen 100.000e Patienten und Altenheim-Bewohner keinen Besuch mehr empfangen. Das finde ich grausam. Und Krom als Arzt nennt es hysterisch.
Mein letzter Punkt: Seit Jahrzehnten heißt es, für Schulen, ÖPNV, Sozialarbeit etc. sei kein Geld vorhanden, Steuern werden nicht gesenkt und Staatsschulden nicht getilgt. Aber plötzlich stellt die Bundesregierung 500 Milliarden Euro zur Verfügung (bei Bedarf offenbar „unbegrenzt“ mehr), um die Schäden zu kompensieren, die jetzt durch die Corona-Restriktionen entstehen. Das finde ich interessant. Corona brächte – darwinistisch betrachtet – vielleicht zwei, drei (von acht) Milliarden Menschen um. Und danach geht das Leben immunisiert weiter. Wie gesagt, ich bin kein Experte und verfüge nur – wie alle anderen auch – über begrenzten Verstand. Aber gegen unsere grundsätzliche Art zu leben, die die Umwelt, unsere sozialen Beziehungen und unsere Lebensgrundlagen zerstört, schreitet die Politik kaum ein – und Geld darf der ökologische Umbau der Gesellschaft am besten auch nicht kosten. Keine Belastung „der Wirtschaft!“
Vor diesem Hintergrund begrüße ich die Restriktionen aller Regierungen dieser Welt, ihre Grenzen dicht zu machen, damit endlich diese ungezügelte CO2-ausstoßende Mobilität aufhört; dass das Ressourcen-verzehrende Produzieren überflüssiger Waren und Güter zum Erliegen kommt; dass durch VERBOT aller öffentlicher Veranstaltungen, endlich das Konsumieren, vermeindlich Spaß haben wollen etc. mal zum Erliegen kommt u.v.m. Mir verschaffen diese Tage ein Gefühl davon, wie es meinen Eltern im Zweiten Weltkrieg gegangen sein muss, wenn es wegen Fliegeralarm Versammlungsverbote gab und wegen Kriegs eine Mangelwirtschaft – und Hunger. Damals schienen alle dankbar für das „nackte Überleben“. Welch schöne Verheißung: Es geht um das ÜberLEBEN. Alles andere lenkt uns davon ab. Die Corona-verordnete Fastenzeit kann dazu wertvolle Impulse leisten. Danke, Regierung! Danke, Medien! Danke, Virologen und Experten!
Das Porträt nach meiner Augen-OP habe ich mit der Assoziation gewählt: „Mit einem blauen Auge davonkommen!“ FOTO: SELFIE
Hallo Leo,
da teile ich mal voll deine Meinung.
Schade, dass man dies heute so eigentlich gar nicht mehr laut sagen darf. Von Daher hast du meinem größten Respekt.
Ich versuche gerade eine SocialMediaAuszeit, da ich die ganze Massenhysterie voll zum Kotzen finde, ich kann es kaum anders ausdrücken.
Doch die Neugierde siegt und ich setze mich (leider) dieser Plattform aus und finde zum Glück auch solche kritischen Meinungen und entdecke, dass ich nicht alleine bin.
Viele Grüße
Ralf
Lieber Ralf,
dass wir beide noch zusammenfinden, hätte ich auch nicht zu hoffen gewagt. Danke. Gruß, leo