Konventmesse in der Erzabtei St. Martin: Regelmäßige Gebetszeiten strukturieren und entschleunigen hier den Tag und das Jahr. FOTOS: FROMM

Eine reichhaltige Liturgie habe ich während meines fünftägigen Aufenthalts in Kloster Beuron bei den Benediktinern erleben dürfen. Dank des Festtags Allerheiligen am Freitag und des Gedenktags Allerseelen für die Verstorbenen an meinem Abreisetag zelebrierten die knapp 20 aktiven Mönche eine große Vielfalt an Gesängen und Abläufen in Deutsch und auf Latein in der Kirche und auf dem benachbarten Friedhof. Der Tag beginnt dort um 5 Uhr mit der Laudes und endet um 20 Uhr mit der Komplet. Dazwischen liegen weitere Stundengebete, etwa um 18 Uhr die Vesper, optional um 6 Uhr eine Werktagsmesse in der Gnadenkapelle, eine Konventmesse für die Ordensgemeinschaft, ein Hochamt um 11 Uhr für Besucher sowie an den Festtagen weitere Angebote wie etwa Rosenkranzgebet oder „ewige Anbetung“.

Dazwischen blieb mir viel Raum zum Lesen, für Spaziergänge oder Joggingläufe aus dem herbstlich geschmückten Donautal die Anhöhen hinauf, einen Mittagsschlaf oder anregende Gespräche mit anderen Hausgästen, die während der Herbstferien reichlich das Angebot der Mönche nutzten, deren legendäre Gastlichkeit im Gästeflügen vis à vis der Klausur der Mönche zu genießen. Besonders spannend finde ich, in der Werktagsmesse quasi innerhalb des strengen Protokolls doch die Handschrift des täglich wechselnden Zelebranten zu erleben. Deshalb dauert diese „Kompaktmesse“ je nach Priester zwischen 24 und 31 Minuten, während draußen im nebligen Donautal der Tag erwacht.

Verbunden mit den Toten und der Auferstehung gewiss: An Allerseelen gedenkt die Gemeinschaft ihrer verstorbenen Mitbrüder, die hier seit etwa 1865 gelebt haben.

In der Fülle der benediktinischen Liturgie genieße ich die Wechselgesänge, den Weihrauch und die tiefe Symbolik, die in den vielen reduzierten Gesten liegt. Wenn etwa nicht nur der Zelebrant und die Mönche zu seiner Rechten und Linken im Chorgestühl mit Weihrauch und Verneigung der Meßdiener gewürdigt werden, sondern auch das teilnehmende „Volk“. Dann steht diese Geste für das allgemeine Priestertum, das jedem Einzelnen von uns zugesprochen ist und mir als Auftrag gilt, diese Mission in meinem Alltag zu erfüllen – als Ehemann, Vater, Dienstleister, Bürger etc. Auch das tägliche Gebet der Mönche für „die abwesenden Brüder“ oder der Gräberbesuch am Samstag bringen diese Verbundenheit zum Ausdruck.

Auch im reichhaltigen Essen vom Büfett zu allen Mahlzeiten, wahlweise vegetarisch und laktosefrei, spiegelt sich die Fülle dieser Katholizität und Lebensfreude wider. So gab es täglich zum Mittagessen optional Most und am Festtag Allerheiligen Weißwein zum Festessen. Und am Abend gab es statt des obligatorischen heißen (!) Tees die Einladung auf ein Bier zum Abendessen. Seit 35 Jahren nehme ich einmal jährlich eine Auszeit in Beuron und vor wenigen Jahren habe ich diese auf zwei mehrtägige Aufenthalte pro Jahr erhöht. Vermutlich, weil die Welt da draußen immer ver-rückter wird und ich diese Konstante brauche, um bei mir (und der Welt) bleiben zu können. Herzlichen Dank, ihr Beuroner Mönche.

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