Typischer Bericht über die Thomas Cook-Pleite: Dabei ist es gerade umgekehrt. Der Wettbewerb befeuert den Tsunami.

Kürzlich sah ich eine Karrikatur wie ein Pleitegeier ein Flugzeug von Thomas Cook zu Boden drückt und darunter die sinngemäße Bildunterschrift „auch ein Beitrag zum Umweltschutz.“ Denselben Impuls hatte ich auch als ich erstmals von der Zahlungsunfähigkeit des internationalen Reiseveranstalters hörte: Endlich einer weniger, der Menschen suggeriert, sie müssten in Urlaub und könnten nur in fernen Landen glücklich werden; einer weniger, der Küsten zubetoniert, Einheimische uniformiert und Natur und Tiere zurückdrängt; einer weniger, der immer neue Flughäfen züchtet, bestehende zum Erweitern zwingt und den CO2-Ausstoß befeuert. Und dann hörte ich von Analysten, Thomas Cook habe es das Genick gebrochen, den Trend zu Kreuzfahrten verschlafen zu haben, der für die kommende Saison geplant war.

Selbstverständlich tut es mir für die Zehntausenden leid, die nun ihre Jobs verlieren. Aber diese verdammten Jobs, die die meisten ja auch nur krank machen, weil der Leistungs- und Ertragsdruck immer mehr steigt, können doch nicht mehr das Argument sein, weiterhin unsere Lebensgrundlagen zu zerstören. Mit diesem Argument werden der Natur und fruchtbaren Äckern seit Jahrzehnten quadratkilometerweise Flächen geraubt, um Gewerbegebiete „zu entwicken“ und Umgehungsstraßen „zur Entlastung der Kommunen“ auszubauen. Immer geht es um Jobs und Geld und dabei bemerkt niemand, dass die eigentliche Glückswährung eine intakte Welt, selbstbestimmte Zeit und gelebte Beziehungen zwischen Menschen sind.

Jetzt gehen die Bauern auf die Straße, damit Glysophat erlaubt bleibt, damit sie im globalen Wettbewerb standhalten können. Ich verstehe diese Bauern, die ihrerseits seit Jahrzehnten darunter leiden, dass wir immer die billigsten Produkte kaufen (damit das Geld für Reisen und SUVs reicht), weshalb sie ihre Anbauprozesse industrialisieren müssen. Warum lösen wir nicht die Fitness Studios auf und die Körerbewußten helfen in der Landwirtschaft bei der Bodenbearbeitung, beim Bäumeschneiden oder Unkraut jähten? Das alles habe ich als Schüler und Student im Weinbau gemacht. Ich war braun gebrannt, hatte Muskeln, lernte viel über die Biologie – und hatte Gemeinschaft. Denn die Wengertarbeit erforderte ein Team, in dem jeder Handgriff saß und wir uns aufeinander verlassen konnten.

Im Grundsatz bin ich gegen Verbote, weil ich an die Kraft der Vernunft glaube, und ich kenne den Spruch, dass man Menschen zu ihrem Glück nicht zwingen kann. Mich hat aber fehlender Wohlstand früh gelehrt, dass ein Leben mit wenig materiellen Ressourcen, z.B. wenig Fleisch, nicht nur schön sein kann, sondern frei macht (und gesund hält). Denn was ich nicht besitze, kann ich weder verlieren, noch muss ich auf es aufpassen. Noch heute gehe ich viel lieber zu Fuß oder nutze das Fahrrad als im Auto fett und blöd zu werden. Auch meide ich Aufzüge, Rolltreppen, Flugzeuge und im Winter trage ich einen Pullover statt das Zimmer aufzuheizen. Täglich freue ich mich an meinem Körper, der das alles kann und bewältigt.

Es ist die Marktwirtschaft, die uns ständig suggeriert, wir bräuchten dieses oder jenes. Ich habe alles, was ich brauche, und mein Körper ist vollkommen. Was ich nicht mehr brauche, sind Boshaftigkeit, Gier, Selbstsucht, Streit u.v.m. Würden wir miteinander in Beziehung gehen statt Shoppen oder in Urlaub, unsere Seelen wären gesünder. Unsere Kinder auch. Ebenso unsere Umwelt und letztlich die Welt. Denn tatsächlich ist alles nur geliehen: Carpe diem.

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