Sehr daneben finde ich dieses Edeka-Video zum Muttertag. Als eingefleischter Fan der Blau-Gelben sollte ich als Reaktion nun ein Jahr lang bei den Roten von Rewe einkaufen. Andererseits bietet mir diese Anhäufung plumper Projektionen von Drehbuchautoren mit Gehirnen aus den 1890er-Jahren die Gelegenheit, ein Plädoyer auf Väter zu halten wie ich einer bin und war. Als Gestalttherapeut, der sehr viel mit Männern arbeitet und deshalb auch viel über deren Mütter und die Mütter ihrer Kinder erfährt, gehe ich dabei auch auf „die Mütter“ ein.
Wenn Väter hier als unsensible Dilletanten dargestellt werden, möchte ich deren ausgleichende Wirkung auf die Kinder ansprechen, in deren Erziehung oft Mütter die Langzeitschäden verursachen. Das beginnt damit, dass sie aus ihrer Sorge um das Kind, es könne sich physisch oder psychisch verletzen, es dermaßen vor dem Leben „bewahren“, dass es nicht lebenstüchtig wird. Denn zum richtigen Leben gehört, sich auch mal zu verletzen und ein Unrecht zu verkraften. Das nennt man Resilienz.
Gefährlich sind auch die manipulativen Mütter, die ganz subtil die Prinzessinnen und Prinzen züchten, die vermeintlich etwas Besseres sind als die anderen, die so gar nicht in eine Demokratie passen und die letztlich von der Mama benutzt werden, um deren im Leben nicht erreichte Ziele zu verwirklichen. Das sind die Helikopter-Mütter, die ganz in ihren eigenen Sehnsüchten sind statt beim Kind und was das jetzt braucht. Das nennt man fehlende Achtsamkeit.
Richtig übel wird es, wenn die Kinder, insbesondere die Söhne, als Partnerersatz mißbraucht werden. Statt dass sich die Mutter ihre gescheiterten Beziehungen anschaut und idealerweise eine Therapie macht bei einer kompetenten Therapeutin, die ihr auf die Schliche kommt, wertet sie das Männliche ab. Typische Sätze heißen dann: „Dein Vater taugt nichts“, „ohne Deinen Vater geht es uns besser“, „Männer wollen nur Sex“ oder „Männer sind doch in Wahrheit nur große Jungs“. Das erschwert Männern, in ihre Identität zu kommen, und Mädchen werten ihre männlichen und väterlichen Anteile ab und kommen so nicht in ihre Weiblichkeit.
Jüngst hat mir ein getrennt lebender Vater erzählt, die überforderte Mutter drücke regelmäßig das Gesicht ihres Drei- oder Vierjährigen in dessen eigenen Urin, wenn er versehentlich im Schlaf eingenässt hat. Interessanterweise hatte zuvor der Vater die Gewalt dieser unzufriedenen Frau abbekommen. Viele Mütter halten sich auch nicht an die Regeln für das gemeinsame Sorgerecht, wenn etwa die (schriftliche) Einwilligung des Vaters erforderlich ist. Da überschreiten Frauen massiv Grenzen – und üben psychische Gewalt aus.
Bei Jugendämtern und Familienrichtern kommen sie damit in der Regel durch. Da bekommt schon mal die psychisch labile (oder süchtige) Mutter recht und dem bersorgten und psychisch stabilen Vater wird Rache an der Ex-Partnerin unterstellt. Der Grund: Geht etwas schief und Behördenmitarbeiter haben unkonventionell zugunsten eines Vaters entschieden, riskieren sie heftigere Reaktionen und Sanktionen als wenn sie pro Mutti entscheiden. Das bestätigen Sozialarbeiter, die mit Kindeswohlgefährdung zu tun haben und viele andere.
Und: In der gesamten Szene sind von der Erzieherin im Kindergarten über die Grundschullehrerin bis zur Fachfrau beim Jugendamt fast ausschließlich Frauen, nicht selten alleinerziehende, beschäftigt, die unbewusst ihre eigenen subjektiven Projektionen in den Gesamtprozess einbringen. Bei mir zuhause war es bspw. so, dass ich der beste Barbie-Puppen-Spieler war, den meine Tochter kannte. Oder der beste Füße-Streichler und ins Bett-Bringer und Geschichten-Erzähler/-Vorleser, weil ich liebevoll und kreativ war.
Und dann kamen 2009 die TRENNUNG, die SCHEIDUNG und das Rahmenprogramm, das der Mutter meiner Tochter als Handlungsweisen zur Verfügung stand, was eher einer Taste als einer Klaviatur entsprach. Und im Stress sind Menschen üblicherweise ohnehin nicht souverän und nicht nur aus der existenziellen Verletzung heraus habe ich auch Fehler gemacht. Übrigens Fehler, die mir schon meine manipulative Mutter vor 50 Jahren antrainiert hatte und vor denen mein schwacher Vater mich nicht schützen konnte. Fröhlichen Muttertag und viel Spaß mit dem Edeka-Video.
Hallo Leo,
ich danke Dir für deine knackige Aufzählung an Spielweisen der mütterlichen Überforderung oder Manipulation. Du hast mit allem fallweise recht, auch wenn „Mann“ das nicht verallgemeinern darf und sollte.
Was mir noch fehlt ist die ausgleichende ausführliche positive Beschreibung der Väter mit ihren Qualitäten, die sich wirklich kümmern, so wie du anscheinend einer warst. Denn nur die positive Energie führt zu Veränderung und Heilung und diese wollen und sollen wir stärken.
Big Hug, Dein MKP-Bruder Dirk
Lieber Dirk,
ich danke Dir für Deine Zeilen. Zu Deiner Frage: Das fängt schon damit an, dass sich der Vater mit dem zweiten Platz arrangiert und seinem neugeborenen Kind bei der Mutter den Vortritt lässt. Dass er in seiner Ruhe und Kraft bleibt, wenn das Kind schreit und die Mutter erschöpft ist. Dann trägt er es liebevoll durch die Wohnung, atmet tief etc. bis das Kind die Geborgenheit und Kraft spürt, die vom Papa ausgehen. Er unterstützt und fördert das Kind in seiner Experimentierfreude, in dem er sagt „probier‘ doch mal“ oder „beim nächsten Mal wird es klappen“. Er bleibt an jeder Pfütze stehen, solanger das Kind dort verharren will, und treibt es nicht weiter. Auch darf es in die Pfütze springen, schmutzig werden – und das ist nicht schlimm. Er reicht dem Kind einen Regenwurm oder eine Spinne, damit es nicht Ekel aufbaut, sondern Respekt für jedes Mitgeschöpf und die Natur entwickelt. Er lässt es mit fremden Kindern – auch Migranten, Behinderte, Arme – spielen, damit es unbefangen und frei aufwachsen und später unsere Gesellschaft versöhnen und stärken kann.
Er erzählt seinem Kind gelegentlich von seinen Ängsten und seiner Trauer, damit es Zugang zur gesamten Gefühlswelt bekommt und auch dafür eine Sprache entwickelt. Und vor allem liebt er sein Kind, zeigt und sagt ihm das. Und wenn das Kind eine Tochter ist, sagt er ihr, dass sie wunderschön ist, z.B. ihre Stimme, ihr Haar, ihre Hände. Reicht das für den Anfang?