„Ich und Ich: Gesichter“ lautet die Ausstellung, die seit vier Wochen auf Schloss Filseck in Uhingen im Landkreis Göppingen läuft. Die Kunsthalle Göppingen zeigt dort (in zwei Etappen mit Wechsel am Mittwoch) rund 100 Porträts von Künstlern aus dem Kreis Göppingen, die teils international tätig sind.
Aufgenommen hat die Bilder in einer Auflösung von rund 40 MB der Birenbacher Fotokünstler Horst Alexy. Der mittlerweile 75-Jährige, der seit den 1970er-Jahren in hoher Ästhetik für Firmenkunden wie WMF, Fürstenberg oder Gral-Glas deren Produkte inszenierte und fotografierte, war immer auch non-kommerziell künstlerisch tätig – und deshalb in der Kunstszene gut vernetzt und mit Ausstellungen präsent.
Zu „Ich und Ich: Gesichter“ kam Alexy die Idee 2008. Er machte sich Gedanken über die Vergänglichkeit vieler Künstler und wollte sie deshalb in einem einheitlichen Format mit ästhetischem Anspruch dokumentieren. So entstand die Idee, in seinem Atelier in Birenbach die Künstler, beidseitig ausgeleuchtet, zu fotografieren.
Der Clou: Die Porträts sollten jeweils so gezeigt werden, wie der Betrachter ihn sieht; und gekontert, wie die Person selbst sich sieht. Einzig der Malerin Anneliese Hermes erlaubte Alexy, bei ihrer Aufnahme leicht zu lachen, „weil man sie nie anders sieht und deshalb sonst nicht erkennen würde.“ Andere, teils Wiener Burgschauspieler, Berliner Literaten oder prominente Regisseure wie Alfred Kirchner, der in Santiago de Chile oder New York gearbeitet hat, kamen unrasiert, mit verwetterten Haaren oder mürrisch-kautzig dreiblickend auf der Durchreise auf einen Sprung ins Atelier.
Üblicherweise sprach der Künstler mit seinen Porträtierten vor der Aufnahme bis zu zwei Stunden, um in eine vertraute Natürlichkeit zu kommen, in der sich diese öffentlichen Personen privat zeigen. Dank der Präzision der Aufnahmen, in deren Zentrum stets die Augenpartie steht, sind intimste Bilder entstanden: Jede Hautpore ist erkennbar, ein krauses Augenbrauenhaar oder kleinste Altersfältchen – oder auch nicht.
Und: Manches Gesicht ist so ebenmäßig, dass man das Kontern kaum erkennt. Andere Charakterköpfe zeigen in den puristisch-weißen Schlosszimmern deutlich den Unterschied. Der zur Ausstellung erschienene Katalog, der auf jeder Doppelseite je das Original und dessen Spiegel zeigt, ist zudem ein Kompendium der Zeitgeschichte geworden.
Denn mehrere Künstler wie Klaus Heider oder Fritz Schwegler leben bereits nicht mehr. Und gut die Hälfte der Porträtierten, deren Jüngste 32 Jahre alt ist, kannte Alexy zuvor nicht mal dem Namen nach, etwa den Rockmusiker Werner Dannemann. So hat er aber ein Zeitdokument von kulturhistorischer Bedeutung geschaffen – und viele neue Kontakte geknüpft und ist neue Freundschaften eingegangen.