„Dieses Land ist bunt und wir sind unteilbar,“ hämmert Annalena Baerbock über die eng besetzten Tische in der Manufaktur hinweg unter dem Beifall von gut 300 Zuhörern. Viel, die am Abend die Bundesvorsitzende der Grünen hören wollten, mussten an Aschermittwoch vor der Kulturfabrik abgewiesen werden. Am Morgen hatte die 39-Jährige, die neuerdings als Kanzlerkandidatin gehandelt wird, beim Landesverband in Biberach gesprochen.
Den Schorndorfern, darunter viel Parteiprominenz wie die Geschäftsführerin der Bundestagsfraktion Franziska Brandner und Landesgeschäftsführer Oliver Hildebrandt, OB Matthias Klopfer (SPD) und Vertreter der CDU, attestierte die Hauptrednerin, nicht zuletzt dank der Bläserband „Erpfbrass“ mit ihrem Latino- und Polka-Sound und ihren Showeinlagen, dass der Landesverband von der Stimmung im Remstal noch etwas lernen könne.
Baerbock diagnostizierte, die Welt sei aus den Fugen und in vielen Demokratien seien „Menschen vorne dran, die sich um Werte nicht scheren.“ Die gerade die zu Ende gegangene Fastnachtszeit habe „die Vielfalt in unserem Land mit Karneval, Fastnacht und Fasnet belegt“ und Vielfalt sei unsere Leitkultur. Unter großem Beifall sagte die zweifache Mutter, dass es 30 Jahre gedauert habe, bis man nun endlich Nazis Nazis nennen darf. Und sie zitierte den Mainzer Büttenredner Andreas Schmitt (SPD), der am Freitag zuvor mit der AfD abgerechnet habe.
Der Anschlag von Hanau sei ein Angriff auf die Vielfalt in unserem Land gewesen, so der Gast. Und während sich in Berlin an Schulen Hitlerjugenden gründeten, fordere Friedrich Merz, der CDU-Parteivorsitzender werden will, schärfere Grenzkontrollen und mehr Härte gegen Kleinkriminelle. „Die Realität dieser Gesellschaft passt nicht auf einen Bierdeckel, Herr Merz!“ rief Baerbock unter großem Beifall ihrer angegrauten Anhänger.
Eine komplexe Welt brauche eine Vielfalt an Antworten, so die Rednerin, etwa Opferberatung, Aussteigerprogramme für Nazis, Schulsozialarbeit, Sprachförderung, verschärftes Waffenrecht etc. „Die Grünen setzen in der realen Welt an und nicht da, wo man sie sich wünscht,“ höhnte die Grüne gegen den neoliberalen Merz. Auch müsse man zwischen Rechts und Links unterscheiden, meinte sie bzgl. Thüringen, wo die CDU sich selber blockiere und den bewährten Ministerpräsidenten Ramelow, einen Katholiken aus Niedersachsen, verhindere. In Görlitz dagegen hätten Grüne und Linke einen CDU-Mann gewählt, um einen AfD-Oberbürgermeister zu verhindern.