„Meine Eltern haben mich so erzogen, dass ein Mensch immer eine Meinung haben muss und eine persönliche Haltung zu dem, was er tut,“ begründet Boris Bondarjew im Interview mit der Süddeutschen seinen Rücktritt als russischer Diplomat bei den Vereinten Nationen in Genf. Seither steht der 41-Jährige unter Polizeischutz.
Schon 2014 bei der Besetzung der Krim habe seine Loyalität mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin Risse bekommen. Der Angriff der Ukraine am 24. Februar diesen Jahres habe es ihm unerträglich gemacht, weiter diesem totalitären Regime zu dienen. Deshalb gelte er nun als Dissident und könne deshalb – zumindest vorerst – nicht in seine Heimat zurückkehren.
Der Polizeischutz bestätigt, dass ihm seitens des Regimes ein Anschlag droht. Denn er habe schon lange nicht mehr seiner Nation gedient, sondern einzig den Interessen der Regierung und einzelner Oligarchen. Schonungslos legt Bondarjew offen, dass allein Putin in Rußland das Sagen hat: „Er kann sich nehmen, was er will. Seine Macht ist grenzenlos. Und alle Menschen um ihn herum sind absolut abhängig von ihm.“
2019 als Diplomat nach Genf gekommen, räumt der Russe ein, dass sämtliche Verlautbarungen seines Berufsstandes längst Propaganda seien und die Sprecher selbst nicht glaubten, was sie von sich gebe. Es werde aber gefordert, um keine Repressalien durch die eigene Regierung zu erleiden. Seine Kündigung will Bondarjew als „Inspiration für meine Kollegen“ verstanden wissen, seinem Vorbild und ihrem Gewissen zu folgen.
Der Schlußsatz seines bemerkenswerten Interviews in der Süddeutschen: „Ich bin der Meinung, dass man immer aufstehen und die Wahrheit sagen kann.“ Ich danke Gott für diesen mutigen Mann und will hier sagen, dass ich 35 Jahre in einem russisch-orthodoxen Chor die slawisch-byzantinische Liturgie gesungen habe und das russische Volk und seine tiefe Seele liebe. Meine Entschlossenheit richtet sich nicht gegen die Russen, sondern gegen Putin und den Metropoliten Kyrill I., der eine Schande für jeden gläubigen Christen ist. Amen.