Immer mehr Firmen investieren in PV-Anlagen.

Zuversicht in Sachen Energiewende habe ich jüngst bei einem Vortrag in Schorndorf verbreitet, da als Wirtschaftsjournalist mein Fachgebiet CO2-neutrale Prozesse in Bauen, Wohnen, Produktion und Mobilität sind. „Die Sonne spendet in 1,5 Stunden so viel Energie, wie die Welt aktuell jährlich braucht,“ bin ich gestartet.

Der Engpass sind also das Ernten und Speichern, nicht die Energie selbst. Der Angriff von Rußlands Militär auf die Ukraine hat demnach wie ein Startschuss gewirkt, die Energiewende nun endlich zu realisieren. Hätte man schon vor zehn Jahren gehandelt, bräuchte man russisches Erdgas längst nicht mehr, sagte ich.

Aktuell sind dagegen sämtliche Produkte und Personalressourcen für das Ende der fossilen Energie auf ein bis zwei Jahre ausverkauft, weil nun alle Firmen handeln. Hinzu kommen die global gerissenen Lieferketten durch die Pandemie, so dass etwa PV-Module aus Israel eingeflogen werden, weil Container weltweit in Häfen und Schiffe im Stau davor festsitzen, berichten mir etwa große PV-Händler.

Die teils verdoppelten Energiekosten haben viele Investitionen in regenerative Energien, Speichertechnologien oder Verfahren zur Abwärmenutzung binnen Monaten profitabel gemacht. Die 2021 eingeführte CO2-Steuer und die Pariser Klimaziele begünstigen diese Dynamik, die bundesweit hunderttausende Arbeitsplätze schafft und Wertschöpfung im Land läßt statt Milliarden Euro an Rußland und andere Diktaturen zu überweisen für den Bezug von Erdgas und Erdöl.

Statistisch verbraucht jeder Bundesbürger 120 Kilowattstunden (kWh) pro Tag, zitierte ich den Astrophysiker Prof. Harald Lesch. Dieser Bedarf sei durch Einsparung ohne Komfortverlust auf 85 kWh/Tag reduzierbar, so der Wissenschaftler. Werde diese Restmenge rein regenerativ hergestellt, rechnet Lesch in seinem Buch „Erneuerbare Energien zum Verstehen und Mitreden“ vor, kämen in Deutschland unter Berücksichtigung von Topographie, Meteorologie oder Fläche unseres Landes 40 kWh/Tag durch Wind, 28 kWh durch Sonne, 12 kWh durch Biomasse, 8 kWh durch Geothermie und 1 kWh durch Wasserkraft.

Ich setze dagegen Leschs Wert von 85 kWh/Tag bei 40 kWh/Tag an und gab dafür in meinem knapp 90-minütigen Beitrag eine Fülle von Beispielen. So wird bislang zwar die Abwärme oberhalb von 250 Grad zu 90 Prozent genutzt; die Abwärme im Korridor von 70 bis 250 Grad, die 90 Prozent aller Abwärme ausmacht, aber nahezu gar nicht.

Die Technologien dafür stünden zur Verfügung, hätten sich bislang aber nicht gerechnet, zumal 40 Prozent der EEG-Umlage, die ab Juli entfällt, weil sich die Lenkungsabgabe zunehmend zum Hindernis entwickelt hatte, auch für diese Form der Stromgewinnung zu entrichten war. Für Saarstahl, nannte ich ein Beispiel von 2017, wurde deshalb der Strom aus Abwärme in Druckluft umgewandelt, um die Umlage zu umgehen.

Ein anderes Beispiel ist die Tatsache, dass die Heizung in Shopping Malls meist dem Vermieter gehört, die Klima- und Kältetechnik aber dem Mieter. Würden beide Systeme miteinander verbunden, sagen Experten, ließen sich 30 Prozent der Energie einsparen. Ähnlich ist es mit Eisspeichern, die serienmäßig in sämtliche Neubauten gehörten, um die winterliche Kälte für die wärmere Jahreszeit zu bevorraten und umgekehrt.

Die Sanierungsquote im Bestand von derzeit einem auf drei Prozent zu erhöhen, ist eine weitere Maßnahme, um 30 Prozent fossile Energie und damit CO2-Emissionen einzusparen. Die Stadt Stuttgart hat diese erhöhte Quote aktuell beschlossen, um bis 2035 klimaneutral zu sein. Die prognostizierten Kosten von 10,7 Milliarden Euro tragen demnach vor allem Privatpersonen, die ihre Heizungen erneuern, ihre Gebäude isolieren und mit PV-Anlagen ausstatten.

„Bei Amortisationszeiten von fünf bis zehn Jahren sind die Investitionen so profitabel, dass das Kapital auch gerne von Dritten kommt,“ sagte ich meinen Zuhörern, die immer wieder auf die Kosten zu sprechen kamen. Meine These ist dagegen, dass die Kosten kein Argument sind, weil Geld in privater Hand genügend vorhanden ist und dorthin fließt, wo es Rendite bringt.

Milliarden Euro jährlich an Putin und arabische Autokraten für Öl und Gas zu verpulvern, sei dagegen dumm und Kapital-vernichtend. Investitionen in die Energie-Autarkie sind dagegen ökonomisch wie ethisch hoch profitabel und schaffen Arbeitsplätze, die in der Automobilindustrie in Bälde massiv entfallen. Allein in der Wasserstoffbranche, zitierte ich einen Experten, in der es derzeit bundesweit nur 10.000 Jobs gebe, würden bis 2030 eine Million Menschen arbeiten.

Die heimische Gas-Infrastruktur bis hin zu den privaten Brennern ist bereits auf Wasserstoff ausgelegt. Über heimische Solarparks, aber vor allem im arabischen und afrikanischen Mittelmeerraum, wo die kWh Solarstrom bereits für zwei Cent erzeugt werden kann, wird schon bald massenweise Wasserstoff produziert. Ebenso im Süden Südamerikas durch Windkraft. Beides wird auf der Südhalbkugel als Konjunktur- und Bildungsprogramm für deren Nationen wirken und parallel die Industrienationen am Laufen halten, ist meine feste Überzeugung.

Meine Schorndorfer Zuhörer in der Paulus-Kirchengemeinde, die mit vielen Zwischenfragen ihr Interesse an dem Vortrag belegten, schienen nach gut 1,5 Stunden geradezu begeistert zu sein. Spontan kam der Zuruf, ich möge in einem Jahr wieder hier referieren, um zu belegen, ob ich mit meinem Optimismus richtig gelegen habe. Ein Bericht, den ich der Lokalzeitung vor sechs Tagen gemailt habe, ist trotz allerlei Banalitäten, über die das Blatt seither berichtet hat, noch nicht erschienen.

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