Oh ja, Demokratie ist extrem anstrengend, zumal wenn es um unangenehme Themen wie Wladimir Putins Angriff auf die Ukraine geht: Die dümmlichen und hämischen Leserbriefe bzgl. Waffenlieferungen z.B. in der Süddeutschen; die betulichen Kommentare vermeintlich friedliebender Facebook-Freunde auf Social Media; die Pseudo-Betroffenheit und -Differenziertheit von Bekannten aus dem SPD-Milieu auf der Straße. Und nun noch die „Empörung“ prominenter Kulturschaffender wie Alice Schwarzer, Reinhard Mey oder Ranga Yogeshwar in einem offenen Brief in der „Emma“.
Wäre ich Putin, Recep Erdogan oder ein anderer Despot, z.B. in Nordkorea oder China, ich würde mir auf die Schenkel klopfen über so viel mentale Verwirrung meiner Widersacher, die zum 378. Mal einknicken. Dieses Mal aus Sorge vor dem Dritten Weltkrieg oder einem atomaren Erstschlag. All diese Kritiker, Zweifler und Zauderer einer Entschlossenheit der freien Welt gegen Putin & Co. machen sich zu Erfüllungsgehilfen von deren hemmungsloser Aggression und Unterwerfung der Demokratien und unserer Werte, z.B. von Diversity, Gendern u.v.m.
Hallo Alice Schwarzer, die Du einst wegen Steuerhinterziehung aufgefallen warst: Wieso sollten sich nach Deiner Logik noch Frauen gegen häusliche Gewalt wehren? Es könnte doch noch schlimmer kommen, wenn sich der Aggressor dadurch provoziert fühlt. Oder Ranga Yogeshwar, der Du mich 2013 am Telefon belogen hast, Du würdest „wegen journalistischer Glaubwürdigkeit“ keine Werbung für Firmen machen und parallel schon damals für Viessmann Heizungstechnik gearbeitet hast: Was stört Dich an Widerstand gegen den russischen Aggressor, der ohne Grund die Ukraine überfallen hat und nun – wegen Leuten wie Dir – mit dem Gedanken spielt, auch die Moldau zu okkupieren?
Wir hätten schon 2014 auf russisches Öl und Gas verzichten sollen, nachdem Putins Armee die Krim besetzt hatte, statt noch Nord Stream 2 zu protegieren. Mehr als Protestnoten brachte unsere Demokratie auch nicht hervor als Dissidenten selbst auf deutschem Boden vergiftet wurden. An Putins Stelle hätte ich das alles auch als Einladung verstanden, weitere Verbrechen zu begehen und Verträge zu brechen. Und jetzt? Jetzt jammern die vermeintlich Vernünftigen, wir mögen uns lieber unterwerfen als einen Atomkrieg zu riskieren.
Welch erbärmliche Logik von Verzagten! Das Gegenteil wäre richtig mit der Botschaft an Putin: „Noch einen Schritt weiter, Du Verbrecher, und DU riskierst Deinen Sturz!“ Das zeugte m.E. von Haltung und Größe. Und ist vermutlich die einzige Sprache, die dieser Fanatiker versteht. Stattdessen sind unsere Autobahnen noch immer voll, weil viel zu wenige aus Solidarität mit dem ukrainischen Volk und der russischen Opposition den ÖPNV nutzt oder seine Heizung abdreht. Immer nur Worte!
Dabei hat schon John F. Kennedy in der Kuba-Krise im Oktober 1962 bewiesen, dass die Sprache der Entschlossenheit (bis zum Äußersten) gehört wird. Und selbst, wenn nicht: Dann endet das dunkelste Kapitel auf dieser Erde. Das des Menschen, der trotz oder gerade wegen seiner Intelligenz und Genialität, die Genies wie den Komponisten Wolfgang A. Mozart oder den Astronomen Johannes Keppler hervorbrachte, eben auch alles zerstört. Eine brillante Natur mit komplexen Strukturen von Werden und Vergehen, weil die Gier größer war und ist als der Respekt vor den Mitgeschöpfen. Wir sterben wohl. Und ich bin zum Gehen bereit!