Wald, Felder und viel Windkraft: Auf dem Weg nach Jüterbog zum nächsten Bahnhof.

Trotz Lokführerstreiks habe ich es vorige Woche bis nach Baruth in Brandenburg geschafft, wo eine Freundin von mir mit dem Verwalter von 3000 Hektar Wald auf einem Gutshof lebt. Schon die Ortsnamen schienen mir wie aus einer anderen Welt, die von Wäldern, Mais-, Roggen- und Sonnenblumenfeldern sowie dutzenden Windkraftanlagen geprägt ist.

Und als Kenner der DDR, wo ich in Thüringen Teile meiner Kindheit verbrachte, traf ich überall in Architektur, Straßenbau und Siedlungsstruktur auf den Charme der DDR, worin ich mühelos Reste alter LPGs (landwirtschaftliche Produktionsgesellschaft), Arbeitersiedlungen und Staatssicherheitseinrichtungen (Stasi) erkannte. Daneben aber auch exzellent restaurierte Kirchen und Anlagen aus der Romanik oder exklusive Straßenabschnitte und schnieke Gewerbegebiete.

Hinten das Haus des Verwalters und rechts ein Versammlungsraum mit Schlacht- und Kühlhaus sowie Übernachtungsmöglichkeiten für Jäger.

Vor allem aber hat mich die Weite der Landschaft fasziniert, wenngleich mir die Böden deutlich zu trocken vorkamen. Per E-Bike hätten wir stundenlang durch die Wälder fahren können, ohne eine Landstraße zu queren. Zugleich waren aber viele Waldwege so sandig (!), dass man mit dem Rad vereinzelt stecken blieb und generell eine Idee von der Kargheit der Landschaft bekam.

Entsprechend kümmerlich sind die Ernten, sofern der Regenmangel überhaupt einen Ertrag zulässt. Das zieht sich durch bis zum Wild, das sich hier ohne natürliche Feinde (Wölfe kommen bislang nur vereinzelt vor) sehr gut vermehrt, aber an Gewicht und Größe nicht die Statur von Rehböcken oder Rotwild bei uns im Süden erreicht. Die Differenz dürfte bei 20 Prozent liegen.

Dennoch machen die Jagd und die oft durch Westdeutsche erzielte Jagdpacht hier einen Wirtschaftsfaktor aus, da die angereisten Jäger teils in Hotels und Pensionen übernachten, teils selbst hier Immobilien erwerben und bewirtschaften. Dazu kommen Jagdgäste und andere Touristen, oft aus dem nur gut eine Stunde entfernten Berlin, die hier Radtouren unternehmen, skaten, wandern und gastronomische Angebote nutzen.

Das tagelange Ansitzen hat sich gelohnt: In den frühen Morgenstunden trifft Uli das Rotwild.

Allerdings entstehen Konflikte zwischen Land- und Forstwirten einerseits und Jägern andererseits. So muss der Gutsverwalter kilometerlang dort Zäune errichten, wo „sein“ Wald an teils 40 Hektar große Maisfelder grenzt, damit die Wildschweinrotten dort nicht riesige Schäden anrichten. Ähnlich ist es mit dem Wild, das sämtliche junge Triebe verbeißt oder mit seinen Geweihen Schäden an den Baumrinden verursacht.

Eindrücklich war für mich, eingezäunte Waldstücke zu sehen, die den Paarhufern nicht zugänglich sind: Wie es dort auch am Boden grünte und blühte, weshalb unterhalb der mächtigen Kiefern und Fichten bis zu zwei Meter hohe Gebüschlandschaften entstehen mit Beeren und Pilzen, die allerhand Insekten und Kleingetier Schutz- und Lebensraum bieten. Dort halten sich auch Feuchtigkeit und Kühle besser, was ich schon beim Stehen am Zaun spürte. In Summe dient das auch der Humusbildung.

Umso tragischer war, dass die acht Jäger, die während meines Aufenthalts aus dem Sauer- und Münsterland vor Ort waren, nur drei Böcke und ein Rotwild schossen. Der Grund: Aktuell finden die Tiere nach dem durchwachsenen Sommer auch im Wald genügend Gras und Grün, um satt zu werden. So kommen sie seltener an die Waldränder oder auf die Waldlichtungen. Und wenn, dann offenbar in Rudeln mit bis zu 60 Tieren.

Fachmännisch nimmt der Jäger das Wild aus.

So lernte ich auch die strengen Regeln, wann und auf was die Jäger schießen dürfen – und auf was nicht, was die Chance auf Erfolg nochmals drastisch minimiert. Dabei waren die Jäger fleißig und saßen, bei einer Auswahl von 60 Hochsitzen und 120 Ständern (ohne Dach), oft bereits ab 17.30 Uhr bis zur Dunkelheit um 21.30 Uhr und teils nochmals in den Morgenstunden.

Bedrückend sind die Überreste der Sowjetarmee, die noch immer in den Wäldern zu finden sind: Das sind Munitionsreste im Boden, Schrottreste auf lichten Flächen oder sogar ganze Bunkeranlagen, in denen die Stadtjugend aus Berlin teils wilde Partys feiert. Auch weiß man in der Region, wer für die Stasi gearbeitet hat etc. Hier hatten die Sowjets so viele Soldaten stationiert, dass man binnen zweier Stunden von hier aus ganz Berlin hätte einnehmen können, heißt es. Wie gut, dass das vorbei ist.

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