An meinen jüngsten Blogbeitrag „Eklatante Fehler: Kaputte Beziehungen erzeugen kaputte Welt“ möchte ich heute deshalb anschließen, weil das Thema in meiner gestrigen Supervision, die ich mir als Therapeut regelmäßig gönne, eine Fortsetzung bekommen hat. Ich sprach dort an, dass ich seit Wochen dünnhäutiger sei bzgl. Reaktionen meiner Kunden in der PR-Beratung, aber auch potentieller Klienten in der Therapie. Mir fehle es an Wertschätzung für meine Person und die Qualität meiner Arbeit, fasste ich zusammen.
Dann ergänzte ich intuitiv aus meinem Privatleben, dass der 22. Geburtstag meiner Tochter Ende April mein emotionaler Tiefpunkt gewesen sei, weil meine geliebte Tochter, deren Mutter sich 2009 unter für mich dramatischen Umständen von mir getrennt hatte, vor vier Jahren den Kontakt zu mir abgebrochen hat. Seit zwei Jahren habe ich nicht mal mehr eine Adresse, eine Handynummer oder eine E-Mail-Adresse. Nichts.
Der Supervisor ging empathisch in Resonanz mit mir und meinte, er bekomme allein schon beim Zuhören Beklemmungen ob der Dramatik. Unter Tränen zählte ich daraufhin auf, was ich damals falsch gemacht habe, die Mutter aber auch zur Immobilienmillionärin gemacht hätte, weil ich selbst in meiner größten Verzweiflung noch gearbeitet und jahrelang hohen Unterhalt für Mutter und Kind geleistet hätte.
Und jetzt kommt der Grund, warum ich meine Biographie an diesem Punkt öffentlich mache: Mein Supervisor stellte die Verknüpfung zwischen dem mangelnden Respekt mancher Kunden her, den ich mir von ihnen wünschen würde, und dem komplett fehlenden Respekt meiner Ex-Frau, meiner Tochter und meines Stiefsohns vor meiner Lebensleistung, die sich im kompletten Kontaktabbruch aller drei manifestiert. Allein schon, dass er mir diese ungünstige Verknüpfung bewusst gemacht hat, macht mich im Beruf wieder resilient und damit belastbar.
Ich schreibe über diesen Zusammenhang, weil ich mich bspw. auf Instagram unter derlebensberater_no1 seit kurzem öffentlich zeige mit dem Claim „Therapie gesellschaftsfähig machen“. Denn ich mag es nicht mehr Coaching nennen, wenn ich in Wahrheit Menschen therapiere, nur weil der Begriff „Therapie“ in unserer Gesellschaft Scham- und Angst-besetzt ist.
Mein Supervisor bspw. therapiert mich in solchen Situationen und ich gebe ihm die Erlaubnis dazu. Damit mein Schmerz seinen Platz in meinem Leben findet und mich in Stresssituationen nicht flutet, so dass ich bspw. nicht mehr arbeits-, beziehungs- oder gar lebensfähig wäre. All diese (Körper-)Reaktionen begegnen mir auch bei meinen Klienten und Kunden. Erstere geben mir das Mandat zur Therapie. Bei Letzteren fällt es mir immer schwerer, die Sachebene zu halten, wenn mir mehr nicht erlaubt ist. Vor allem, wenn mich die Deformationen des Gegenübers förmlich anspringen.
Seit gestern habe ich glücklicherweise die fachlichen Werkzeuge, mit solchen Kunden (noch) besser umgehen zu können. Und ich nehme mir die Freiheit, solche Beziehungen zu beenden, wenn sie mir nicht (mehr) guttun. So geschehen Freiheit und Selbstliebe, zumal ich Therapie gesellschaftsfähig machen will. Der Grund: Damit entschärfen wir menschliche Sprengsätze und das Dynamit in unseren imaginären Sprengstoffgürteln, mit denen wir in Meetings sitzen, am Straßenverkehr teilnehmen oder unser Privatleben „gestalten“. In meiner gescheiterten Ehe war das so. Die Verletzungen tragen noch heute alle damals Beteiligten – bewußt oder unbewußt.