Ohne Corona hätten wir voriges Wochenende wie bereits im April und dann wieder im November Männer initiiert. Doch wegen der Pandemie müssen solche Treffen bis auf weiteres weltweit entfallen. Weil aber die Location Schloss Glarisegg am Bodensee längst gebucht war und wir initiierten Männer aus dem Stab auch seit Monaten nicht mehr zusammenkommen, entstand die Idee, eine Begegnung einfach für uns anzubieten.
22 von ursprünglich knapp 40 Männern aus dem gesamten Bundesgebiet und der Schweiz schien dieses Angebot attraktiv genug zu sein. Darunter auch ich. Denn erstmals waren Programm, Aufgabe und Ziel nicht vorgegeben und die 48 Stunden entsprechend dicht getaktet, sondern nur der Rahmen stand und die Inhalte durften wir selbst kreieren. Für alle Fälle hatte ich sogar Skatkarten dabei.
Doch zu dieser Banalität kam es nicht. Schon der Stuhlkreis am Freitagabend im großen Rund eines Saales war magisch: Was würde dieses Wochenende geschehen? Wie würden wir uns auf ein gemeinsames Programm einigen? Klar war nur, dass vier Männer das Wochenende moderieren, wann die Essenszeiten sind und um 22 Uhr Nachtruhe ist. So kam es zu einem ersten Brainstorming und Meinungsbildern, bei denen meine beiden Vorschläge durchfielen.
Beglückend war schon hier für mich die Wahrnehmung, welche Entwicklung seit 2010 hinter mir liegt. Hätte ich noch vor fünf Jahren ein solches Votum als Niederlage empfunden und persönlich genommen („die mögen mich nicht“), empfand ich nun eher Erleichterung: Ich muss jetzt nichts einbringen! Nichts erklären, moderieren oder mir eine Methode dazu ausdenken. Umgekehrt kann ich mich ganz auf das einlassen, was andere mit mir teilen. Dankbar und verbunden ging ich um 22.30 Uhr zu Bett.
Am Samstag hat mich vor allem ein Workshop inspiriert zum Thema: „Wem diene ich?“ Weitere Fragen waren: „Was hält mich davon ab, ganz in meine Kraft zu kommen?“ und schließlich „….in meine Liebe…?“ Je in Zweiergruppen hatte jeder Mann pro Frage zwei Minuten, sich dem anderen mitzuteilen. Weitere Runden folgten im Plenum im Stuhlkreis. Am Abend gingen wir zu vierzehnt zum Bodenseeufer, zogen uns nackt aus und sprangen hinein. Ein Mann merkte an, alleine hätte er sich das nie getraut. Danach saßen wir am Lagerfeuer, sangen meditative Lieder, erzählten Witze und veralberten uns gegenseitig und unsere therapeutischen Methoden und Prozesse. Psychohygiene eben.
In der Schlußrunde vor der Abreise am Sonntag meinte der Schweizer Full-Leader, Corona-bedingt brenne das Feuer unseres Vereins derzeit nicht so hell und lichterloh. Ihm habe das Wochenende aber gezeigt, dass wir initiierten Männer kraftvoll genug sind, dass das Feuer auch in der Krise nicht ausgeht, sondern weiter lodert. Denn wer andere Männer initiieren wolle, ihnen also etwas weitergibt, der müsse immer wieder überprüfen, ob er überhaupt selbst noch etwas hat, das er weitergeben kann. Denn den Respekt vor dem Leben und erlöster Männlichkeit kann man auch verlieren.