Die offene Gesellschaft zeigt auch in Schorndorf ihr Gesicht: Mehr als 500 Bürger sind gestern dem Aufruf zur ersten Klimademo gefolgt. FOTOS: FROMM

Wow, welch eine schöne Erfahrung: Mehr als 500 Bürger haben sich gestern um 11.30 Uhr auf dem Schorndorfer Marktplatz zu einer Klima-Demo versammelt. Bei schönstem Sonnenschein war ich dabei und habe all die bunten Plakate gesehen, z.B. „Entscheidungen fällen statt Bäume“ oder „Tante for future“, die auch zeigen, dass hier Demokraten sich auch kreativ artikulieren. Denn Reden bräuchte es letztlich nicht mehr: Wir spüren geradezu, was zu tun ist. Nämlich uns selbst zu begrenzen in allem Materiellen, weil es begrenzt ist und auch für andere (noch) reichen muss, z.B. in ärmeren Ländern heute schon oder für künftige Generationen.

Gratian Riter und Jasmin Ruffner, ein Kleinkind auf dem Arm, von der „Offenen Gesellschaft Schorndorf“ hatten zu dieser ersten Klima-Demo aufgerufen, die über die Aktivitäten von Friday’s for Future hinausgehen. Entsprechend waren von Dreijährigen des AWO-Kindergartens bis zu 80-Jährigen vom ökumenischen Friedensgebet, das immer am ersten Montag im Monat in der Stadtkirche stattfindet, ein breites Spektrum von Bürgern versammelt, denen die Umweltzerstörung und das Artensterben große Sorgen bereiten. Viele Berufstätige, etwa aus dem nahen Rathaus, hatten ihre Mittagspause vorgezogen; Freiberufler wie ich hatten es sich eingerichtet und ebenso Hausfrauen, Rentner, Gewerkschafter und Vertreter von Umweltgruppen.

Riter, der in freier Rede ohne technische Unterstützung sprach, war offenbar überwältigt von der Resonanz. Ein schnell herbeigebrachtes Megaphon wusste er nicht zu benutzen und schließlich brachte eine Lehrerin der nahen Schlosswaldschule ihm ein Handmikrophon samt Verstärkeranlage. So war diese Improvisation Sinnbild, dass wir GEMEINSAM viel erreichen können, auch die Bewahrung unserer Lebensgrundlagen, wenn wir kooperieren und teilen. Mit sovielen Gleichgesinnten bzw. Veränderungswilligen beisammenzustehen und sich wohlwollend zuzulächeln, hat mir ein Gefühl der Hoffnung gegeben. Ja, wir könnten es schaffen, wenn wir IN BEZIEHUNG gehen und auf all den Konsum, fette SUVs, (Fern-)Reisen, Designer-Klamotten und Prestige-Güter verzichten, die ohnehin letztlich nur Platzhalter sind für mangelnden Selbstwert, überspielte Einsamkeit und gefühlte innere Leere.

Wie reich könnte unser Leben sein, wenn wir teilhaben am Leben des anderen und uns wirklich für ihn interessieren statt an unseren PCs abzustumpfen und wegen der Smartphones den Menschen neben uns nicht mehr zu sehen oder gar zu spüren. Statt vor dem TV-Gerät zu verblöden mit den Nachbarn Karten spielen oder uns unterhalten. Das steigert zwar alles nicht das verdammte Bruttosozialprodukt und schafft auch keine Arbeitsplätze, aber es fördert unsere seelische und physische Gesundheit. Wenn wir gemeinsam Kochen und Essen statt uns mit Junkfood vollzustopfen. Okay, ich schweife ab….aber Rezession macht mir längst keine Angst mehr. Im Gegenteil: Krisen sind unsere Chance auf Besinnung – und Veränderung.

Gefreut hat mich, dass die Kundgebung mit einem Gang zur Stadtkirche „fünf vor 12 Uhr“ unter dem Läuten der Glocken fortgesetzt wurde und ihren Abschluss in dem Gotteshaus fand mit Beten und Singen. Denn auch das glaube ich: Je weniger wir nach oben, auf Gott, das Universum oder die Schöpfung ausgerichtet sind, desto mehr verlieren wir die Orientierung. Wir verabsolutieren und pervertieren uns selbst. Und ein Letztes: Statt die Zeit am Marktbrunnen mit einem Sänger an seiner Gitarre zu füllen, hätte ich mir gewünscht, der Veranstalter lädt fünf Teilnehmer ein, spontan nach vorne zu treten und mit uns seine Gedanken und Motive zu teilen, eine Art „offenes Mikrophon“. Das wäre „mehr von uns“.

Vielleicht beim nächsten Mal. Am besten schon kommenden Freitag. Und am Freitag darauf wieder. Und dann sind wir 1000 oder 2000 Bürger in Schorndorf. Politik reagiert, wenn das Volk auf die Straße geht. Die Regierung wartet darauf. Bis jetzt weht nur ein laues Lüftchen. Die Folge: Das Klimakabinett, z.B. diese ausgelutschte SPD, verständigt sich gestern gerade mal auf zehn Euro pro Tonne CO2. Die Schweiz liegt schon seit zehn Jahren bei 80 Euro – und prosperiert.

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