Jede Menge Ideen haben wir diözesane Referenten für Männerarbeit bei unserem ersten Netzwerktreffen in Stuttgart zusammengetragen. Und: Ein zweites Treffen folgt. FOTO: FROMM

Eine niederschwellige Anlaufstelle in Form einer Kneipe, in der immer eine Art Wirt als Zuhörer und Kümmerer da ist, war das erste Bild, das etliche von uns Männerreferenten, Yogalehrern, Körpertherapeuten, Outdoortrainern und Coaches in den Sinn kam beim ersten Netzwerktreffen, das das diözesane Männerreferat jüngst in Stuttgart einberief. Die versammelten Männer, darunter auch ich, machen Angebote beim Diözesan-Männertag im Oktober, dem Stuttgarter Männertag im März, in Kooperation mit kirchlichen Bildungshäusern oder der katholischen Erwachsenenbildung in den Dekanaten sowie in Seelsorgeeinheiten oder auf eigene Initiative.

Dabei reichen die Inhalte von gewaltfreier Kommunikation über Pilgern, Yoga und Körpererfahrung bis zu Naturabenteuern, Bogenschießen und gestalttherapeutischer Selbsterfahrung. „Für Frauen gibt es jede Menge Plattformen, aber das Spektrum für Männer ist doch sehr limitiert – und nicht nur innerhalb der Kirche,“ so Tilman Kugler. Der Männerreferent der Diözese hatte seine Multiplikatoren eingeladen und fünf von gut zehn kamen zu der Premiere ins Christkönighaus mit einer Übernachtung, um sich auch untereinander besser kennenzulernen. Wir berichteten von unseren Erfahrungen und Beobachtungen.

Ich brachte den Impuls ein, dass es eine Art Rettungsleitstelle bräuchte, bei der Männer schnell Unterstützung bekommen. Das lag nahe beim Bild von der Kneipe, das der Eriskirchener Diakon Dieter Walzer eingebracht hatte. Denn in meiner Praxis, etwa in der monatlichen offenen Männergruppe, kommen immer wieder Männer in Krisen wie Scheidung, Arbeitslosigkeit, Süchte, Einsamkeit oder Selbstzweifel. Das bestätigt Walzer, der vor allem in der Natur offene Angebote macht: „Da sitzen Männer im Tipi am Feuer und erzählen sich gegenseitig, was sie wirklich umtreibt.“

Einig sind wir Referenten uns, dass die Kirche viele dieser Männer mit ihren klassischen Angeboten nicht erreicht, weshalb wir nun über neue Formate und deren Vermarktung nachdenken. „Damit potentielle Teilnehmer überhaupt erfahren, was wir wann wo anbieten“, so Kuglers hauptamtlicher Kollege Christian Kindler, der am letzten Juni-Wochenende zum Beispiel ein „Krieger-Wochenende“ in Kloster Schöntal anbietet, bei dem die Teilnehmer praktische Erfahrungen mit Pfeil und Bogen machen. Gefragt sind Angebote, die auf Bewegung basieren, die in der Natur erfolgen und Körpererfahrungen ermöglichen, sagt etwa Gerhard Vollmer. Der 62-jährige war Wirtschaftsingenieur bei einem US-Konzern, ehe er nach einer Umstrukturierung dort ausstieg und heute in wöchentlich zehn Yoga-Gruppen in Weilderstadt und Calw Männern hilft, zur Ruhe zu kommen und bei sich zu bleiben.

Konkret wollen wir Männer auch neue Formate von Männerspiritualität entwickeln, etwa für die traditionelle Männerwallfahrt zum Bussen bei Riedlingen an Pfingstmontag, den Dreifaltigkeitsberg bei Spaichingen im Juli oder die Vertriebenenwallfahrt am Schönenberg in Ellwangen, die mit Flüchtlingen oder Arbeitslosen eine neue Sinnerfüllung bekommen könnte. Denn einig sind wir Netzwerker uns: Verunsicherte und überforderte Männer in der Konsum- und Leistungsgesellschaft lechzen zunehmend nach Sinnangeboten.

Deutlich wurde auch, dass Männerarbeit nicht nur als Schutzraum dient. In meinen Gruppen etwa erlebe ich, dass sich Männer auch die Bestärkung holen für ihren „Einsatz draußen für eine gerechte Welt“. Ob es um Klarheit im Beruf geht, Konfliktbereitschaft in der Familie, Einsatz für den Umweltschutz oder ehrenamtliches Engagement – viele Männer nähren sich am Beispiel der anderen und der Botschaft: Ich bin nicht allein. Auf dieser Basis entstehen auch ganz neue Freundschaften und Netzwerke.

Begriffspaare wie Mystik und Politik oder Kampf und Kontemplation fallen bei unserem Treffen, die wir alle noch aus der kirchlichen Jugendarbeit kennen. Bei unserem zweiten Treffen befassen wir Referenten uns mit der Vermarktung von Angeboten, Fundraising und der Zielgruppenansprache, um mehr und jüngere Männer zu erreichen. Auch mehr dezentrale Angebote sind geplant. Die Zeit sei dafür reif, so unsere Wahrnehmung, und die Kirche habe attraktive Angebote. Dann bilden wir auch einen Expertenpool und lden die Bildungsreferenten aus den Dekanaten dazu ein.

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