Eine Liebesgeschichte, Intrigen und am Ende siegt das Gute: Wie im richtigen Leben ist die Bibel voll solcher Geschichten. Mit „Königin Esther“ hat Projekt- und Chorleiterin Angela Weinreich am Wochenende in St. Johannes in Neckarsulm mit 50 Akteuren ein Kinder-Musical auf die Beine gestellt, dessen zwei Aufführungen 800 Menschen sehen wollten.
Eshter (Antonia Reznizek) ist bildhübsch und als Perserkönig Xerxes (Yannik Arpogaus) 500 v. Chr. eine neue Königin sucht, stellt sich die jüdische Waise dem Schönheitswettbewerb, der als moderne Castingshow „Persiens new Top-Queen“ inszeniert ist. „Unter makellosem Make-up wird der schöne Schein gewahrt“, demaskiert Esther in einem ihrer vielen Soli den Wettbewerb.
Ein weiteres Solo „Werde ich genügen? Bin ich gut so wie ich bin?“ offenbart die Selbstzweifel, die auch heute viele Jugendliche haben, die in der Schule und bei Freunden den unbedingten Erfolg zu brauchen glauben. Zugleich schwingen die Sehnsucht nach Einzigartigkeit mit und das Bedürfnis, gesehen zu werden.
Mit Gottes Hilfe und unterstützt von ihrem väterlichen Freund Mordechai (Sören Friedel) krönt Xerxes Esther als Schönste zur Königin und verleiht damit der Jüdin Macht, deren Volk der Feldherr Nebukadnezar 100 Jahre zuvor unterworfen hatte. Musikalisch erreicht das 75-minütige Stück an dieser Stelle mit den Soli von Sophie Wendt und Annalena Krämer seinen Höhepunkt. Von ruhigen E-Gitarrenklängen getragen, schmettern sie den Hymnus „Sag‘ Dir danke, Gott, dafür.“
Doch kaum ist die Freude groß, schmiedet Xerxes‘ Kronprinz Haman (Gianluca Fischer) Pläne, alle Juden im Volk „in einer einzigen Nacht“ zu töten. Denn Mordechai, der an den Gott Jahwe glaubt, bringe ihm keinen Respekt entgegen. Mordechai fleht zu Gott, sein auserwähltes Volk zu verschonen und bittet Esther um Gnade beim König, was ihr aber wegen der persischen Gesetze nicht zusteht.
So ringt die einsame Königin mit sich in dem Song „Was ist meine Bestimmung?“, fasst Mut, informiert den König über Hamans Intrige und der selbstverliebte Xerxes wendet schließlich doch noch alles zum Guten. Vor dem Finale und dem Schlussapplaus stellt eine Erzählerin die Geschichte Esthers in den theologischen Kontext. Wie diese einfache Frau mit ihrem Mut das Volk Israel gerettet habe, so werde Jesus einst die ganze Menschheit retten.
Mehrminütiger Applaus im Stehen, eine Zugabe und ein schließlich mit den Besuchern gemeinsam gesungenes Lied der Verheißung belegen, dass der Funke bei religiösen Themen überspringt und theologisch schwere Kost gut verdaulich vermittelt werden kann. Angela Weinreich, die mit ihren Musicals seit 15 Jahren Glanzpunkte im katholischen Gemeindeleben setzt, hat einmal mehr von den fünf exzellenten Musikern, über den Techniker für Ton und Licht bis zur Schneiderin der antiken Gewänder und den jungen Erwachsenen in den Hauptrollen Kräfte gebündelt, wie sie sonst wohl kaum über Generationen und Kompetenzen hinweg zusammenkommen.
„Ein solches Projekt lebt von der Gemeinschaft, in der man sich aufeinander verlassen kann,“ erklärt die 56-jährige Religionslehrerin, die ab April 2018 in Schorndorf mit zwei Trainern eine vierjährige, nebenberufliche Ausbildung zum Gestalttherapeuten anbietet, am Ende.
Denn viele Eltern im Publikum wissen, dass die Musikerin und Gestaltpädagogin auch eine exzellente Persönlichkeitstrainerin ist. Denn mit dem Mittel ihrer Musicals befähigt die dreifache Mutter ihre sechs- bis 60-jährigen Akteure, sich zu zeigen, sich etwas zu trauen und über ihre persönlichen Grenzen und Hemmungen zu gehen. Der Glanz in den Gesichtern beim Schlussapplaus zeigte, welche Befähigung zum Leben hier tatsächlich geleistet wird.