„Alte und Junge müssen ihre Bedürfnisse abstimmen, anders kommen sie bei der Arbeit nicht klar,“ sagt Dr. Johann Kornelsen. Der Personalberater hat beim christlichen Führungskräftekongress in Karlsruhe Anfang März ein Seminar gegeben, das ich als 55-jähriger Arbeitgeber besucht habe. Mein Motiv: Ich blicke teils kritisch und enttäuscht auf die junge Generation, deren Einfalt mich geradezu verärgert. Und zuletzt musste ich meinen überforderten Volontär, der anderenorts mit seiner Selbstüberschätzung schon zweimal gescheitert war, fristlos und frustriert Monate vor dem offiziellen Ende der zweijährigen Ausbildung freistellen.
Da tat mir die These von Kornelsen gut, wieder in meine Versöhnung zu kommen: Die Alten halten die Generation Y demnach für Spaß-orientiert, undiszipliniert und nicht führbar. Ähnlich hart seien die Urteile der Jungen über die Alten. Was dahinter steht, so der 38-Jährige: Die Alterskohorten verbinden gemeinsame Werte und Erfahrungen wie etwa die Nachkriegszeit, die 1968-er-Revolte, die Friedensbewegung oder der Terroranschlag vom 11. September 2001 auf das World Trade Center. Es stimme ja, dass die Jungen großes Selbstbewußtsein, hohes Anerkennungsbedürfnis und geringe Loyalität hätten. Doch ebenso präge die Alten hierarchisches Denken, Härte gegen sich selbst und Arbeitswut.
Die Folge seien bspw. hohe Scheidungsraten im Privaten mangels Emotionalität, deren Folgen die Generation Y oft als Kinder von Alleinerziehenden trügen. „Noch keine Generation war so gut ausgebildet, Technik-affin, clever und global wie diese,“ schwärmt Kornelsen von den aktuellen Hochschulabgängern. Die „best ager“ sollten ihnen mit Wertschätzung und Sympathie begegnen, um nicht zynisch, resignativ und generalisierend zu werden. Beide Kohorten hätten Projektionen aufeinander, die sie durch Neugierde, Träume, Begleitung der Jüngeren und Ausprobieren durchbrechen könnten. Was es brauche sei Kooperation.
Im zweiten Seminar, für das ich mich eingetragen habe, ging es um „Führung in der Unsicherheit der digitalen Revolution.“ Referent Daniel Hoster, ein Bankdirektor, rät zur Gelassenheit: „In der digitalen Revolution werden wir mehr denn je scheitern, entscheidend ist, dass wir handeln und ausprobieren.“ Die Digitalisierung biete große Chancen in den Bereichen Bildung und Gesundheit. Sie befördere aber auch Populismus bis hin zu Fake-News. Sei es früher darum gegangen, Produkte günstiger oder besser zu machen, gehe es heute um Vernetzung und Mehrwert. So verdiene Amazon/Kindle kein Geld mit dem Verkauf der Geräte, sondern dem Herunterladen von Büchern. Die Digitalisierung helfe sowohl, Kosten zu senken, wie auch die Bereitschaft potentieller Kunden auszuloten, einen angemessenen Preis zu bezahlen.
Dr. Reinhardt Schink verstand es im dritten Seminar, das ich tags darauf besucht habe, mir die Angst vor den Verwerfungen der digitalen Revolution zu nehmen. „Disruption – Orientierung finden, wenn sich alles wandelt,“ so das Thema des international tätigen Allianz-Managers. „Der Prozess vollzieht sich schleichend und wir nehmen ihn kaum wahr, weil wir selbst Teil des Wandels sind,“ so Schink. Die Veränderung spürten wir nur an Hand von Fixpunkten, die uns Orientierung geben.
Was mich an seinen Aussagen beruhigte: Die Disruption könne nicht an die Techniker delegiert werden, sondern bleibe Aufgabe der Unternehmer, Strategen und Visionäre, die nun eben mit weiteren Werkzeugen arbeiteten. Am Einzelhandel seit den 1950er-Jahren zeigte der Manager den Wandel auf: War es zunächst um Menge gegangen, standen später Lebensqualität, dann Selbstverwirklichung und aktuell Sinn im Mittelpunkt der Absatzstrategien. Stichworte sind: Gesunde Ernährung, Bio, Regionalität, faire Erzeugung, Verzicht auf Ausbeutung von Tieren, Reduktion, nachhaltige Verpackung etc. An einigen Beispielen, die mir trotz Social Media-Schwächen und IT-Skepsis vermutlich nie hätten passieren können, machte Schink deutlich, wie Ignoranz Firmen und Marken hinwegspült, z.B. Kodak, Schlecker oder United Airlines.
Legendär der Song und Videoclip von David Carroll (Sons of Maxwell) über die Fluglinie, die auf seine Beschwerde über seine beschädigte Gitarre nicht einging. Auf Youtube wurde das Video der zuvor unbekannten Band, auf das ich hier verlinkt habe, 40 Millionen Mal geklickt und der Wert der Gesellschaft brach dadurch um zehn Prozent ein, was 180 Mio. US-Dollar entsprach, so Schink.