Horst Freckmanns Hahnenschreiwette: Skuril und ein Pladoyer für das Kleintierzüchterhobby.

Ja, auch ich habe am Samstag „Wetten dass…?“ geguckt und mich darauf Wochen gefreut. Beim Schauen selbst habe ich bewusst reflektiert, was das „Geheimnis“ des Erfolgs wohl ist und ich kann mein Fazit gleich vorweg nehmen: Wegen mir könnte der 73-jährige Dampfplauderer Thomas Gottschalk weitermachen. Und obwohl ich kaum mehr fernsehe – bei ihm wäre ich dabei.

Am augenfälligsten war für mich gleich die erste Wette mit Kleintierzüchter Horst Freckmann aus dem Ruhrgebiet: Als junger Lokalredakteur musste auch ich immer wieder mal zu Geflügelzüchter-Leistungsschauen für Hühner, Tauben oder Hasen. Und es war immer spannend, was man hier über Biologie, Kultur und Leidenschaft erfuhr.

So war gleich die erste Wette eine tolle Werbung für das Hobby der Kleintierzüchter, zumal der Senior seinen Part eloquent, informativ und schlagfertig meisterte. Damit wurde die Live-Sendung aus Offenburg zum millionenfach beäugten Schaufenster für die Attraktivität eines Hobbys, das sonst als altmodisch, langweilig und allenfalls AfD-nah abgewertet werden würde. Dass Freckmann glänzen konnte, lag an den plausiblen Fragen, die Gottschalk in der erstklassig drapierten Kulisse der Hahnenschrei-Wette stellte.

Schon beim Begrüßungsapplaus der 2000 Zuschauer in der Baden-Arena, der kaum enden wollte, vermittelte die Sehnsucht der Menschen nach unbeschwerter Unterhaltung, zu der viele Menschen angesichts der Krisen, Kriege und klimatischen Veränderungen in unserer Welt kaum mehr Zugang haben. Ihnen allen aber gilt Small Talk-Unterhalter Gottschalk als Garant dafür, dass es doch gelingt.

Hochamt der Leichtigkeit: Am Samstag wohl letztmals zelebriert von TV-Entertainer Thomas Gottschalk.

Unterstützung bekam der gebürtige Kulmbacher dafür von den internationalen Gästen, die auf seiner legendären Coach saßen und fast alle bis zum späten Schluss blieben. Man darf getrost davon ausgehen, dass etliche der Größen aus Show und Sport vor allem dem Gastgeber damit ihre Referenz erwiesen.

Und schließlich: Gottschalk verhält sich nicht Gender-konform oder sonstwie zeitgenössischen Konventionen verpflichtet, sondern er spricht förmlich „wie ihm der Schnabel gewachsen ist“ und er sagt, was er denkt – ohne sich abzusichern angesichts irgendeiner vermeintlichen Wirkung. Darin ist er so straight wie etwa ein Donald Trump. Aber mit dem wesentlichen Unterschied, dass er mit dem Herzen spricht und nicht aus einer Verachtung heraus.

Und mit dieser natürlichen Herzlichkeit könnte er Vorbild für unsere gesellschaftlichen Konversationen sein. Dass ich sage, was ist, ohne mich zu sorgen, als AfDler, Antisemit, Wirtschaftsliberaler oder Chauvinist gebrandmarkt zu werden. Denn das vermeintlich Korrekte ist etwas Emotionslos-Steriles, das Themen wie Migration, Inklusion oder Diversity nicht mehr in der Mitte der Gesellschaft mit kontroversem Leben füllt und damit in seiner Vielschichtigkeit belechtet, sondern wie ein Pilz im Trüben wuchert und dann bspw. Demokratie-gefährdende Wahlergebnisse zur Folge hat.

Ich werde Gottschalks loses Mundwerk und lockere Moderation vermissen, auch wenn er gelegentlich einen kritischen Satz heraushaut. So fand ich seine skandalisierte Bemerkung „wir brauchen die Hilfe der Politik in Deutschland dazu, dass es bergab geht“ in keinster Weise anstößig. Denn ob damit die FDP (Verunsicherung der Bürger rund ums Wärmeenergiegesetz), die CDU (Klage gegen die umgewidmeten Covid19-Milliarden für die Transformation der Industriegesellschaft), die SPD (der Kanzler, der vermeintlich nicht regiert) oder die Grünen (Wirtschaftsminister Habeck, der die kritisierten Themen auf den Weg brachte) gemeint sind, bleibt dem Hörenden überlassen.

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