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Erfreulicherweise konnte Pater Dr. Albert Schmidt Pandemie-bedingt jüngst seinen Vortrag „Echter Mensch sein“ in Österreich im Stift Heiligenkreuz nicht vor Ort halten. So wurde sein einstündiges Referat von München aus aufgezeichnet und übertragen, so dass der Kurskollege von Bestseller-Autor Anselm Grün auch online zu sehen ist. Denn üblicherweise lebt der Theologe den Rückzug und das Gefunden-werden statt sich zu präsentieren oder gar zu inszenieren.

Der Abtpräses der Benediktiner-Kongregation von Beuron, zu der europaweit 13 Männer- und Frauenklöster gehören, ist seit 40 Jahren mein spiritueller Begleiter. Und ich freue mich, meinen Blog-Lesern hier einen Eindruck zu vermittelt, was ich an dem mittlerweile 73-Jährigen schätze, den ich regelmäßig für mehrere Tage in Beuron besuche, um mich zu zentrieren und zur Ruhe zu kommen.

Pater Albert (v.r.) mit meinem Sohn und mir während eines Aufenthalts in Beuron.

Pater Albert ist ein Meister der Sprache, der mit seinen profunden Latein- und Griechischkenntnissen Begrifflichkeiten nicht nur im Deutschen auf den Grund gehen kann. So leitet der exzellente Kenner der Heiligen Schrift den Bedeutungssinn der Weisheit vom lateinischen sapientia her, dem das Verb sapere, also schmecken, zu Grunde liegt. Wenn wir demnach zu viel von dem nehmen, was uns schmeckt, werden wir zu Besserwissern. Deshalb braucht es auch im Umgang mit Wissen Disziplin und die Klugheit, das rechte Maß zu erkennen.

Die Architektur seines siebenteiligen Vortrags belegt die Ästhetik und Didaktik, mit der er sein Wissen zu teilen und schmackhaft aufzubereiten versteht. So geht es in der ersten Hälfte dreimal um Aussagen, wer Jesus ist, nämlich Licht (z.B. „die Nacht zum Tag machen“), Weg (z.B. die Redewendung „wie geht’s?“) und Brot (z.B. „das Brot des Lebens“), wobei der Benediktiner etwa ausführt, dass das vollkommene Weizenkorn zunächst von der Mühle (Krise) zerstört werden muss, um zu Mehl zu werden. Und auch dieses muss erst in der Hitze des Ofens (Verwandlung) transformiert werden, ehe es genießbar und nahrhaft wird.

Selbst in kleinen Nebensätzen liegt bei Pater Albert mehr Substanz in der Aussage als bei vielen anderen Rednern im gesamten Vortrag. Wenn er etwa anmerkt, dass VOR den zehn Geboten, in denen also Gott etwas verlangt, sein Angebot steht, dem Menschen „ewiges Leben“ zu schenken. Und in dieser Reihenfolge ist Gott als der Liebende und Fürsorgende erkennbar, nicht umgekehrt.

Oder wenn der gebürtige Freiburger, wieder im Rückgriff auf das Lateinische, die Begriffe „absolut“ und „relativ“ unter die Lupe nimmt. Dann kehrt er nämlich unsere landläufige Wahrnehmung genau um: Aus dem positiv gemeinten „absolut“ wird dann ein „losgelöst, getrennt“, während das „relativ“ in Beziehung setzt und geht, also in Zuwendung und Zuneigung.

So, ich hoffe, jetzt genug Appetit gemacht zu haben, sich den ganzen Vortrag anzuhören und sich inspirieren zu lassen. Allein schon sein unaufgeregtes Sprechen, seine reduzierte Körpersprache und die einfühlsame Kameraführung wirken auf mich beruhigend. Und als Gestalttherapeut, der Menschen bei und in ihrer Veränderung begleitet, kann ich jeden Satz meines Freundes unterstreichen: Was er spirituell in die Welt bringt, kommuniziere ich therapeutisch. Das Ergebnis ist beide Male dasselbe: Der Mensch, der sich darauf einlässt, wird frei und heil. Es geschieht Transformation. Danke, lieber Albert, dass es dich gibt.

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