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Hätten Krankenschwestern und Ärzte am Esslinger Klinikum nicht an der Jerusalema Dance Challenge teilgenommen, vermutlich hätte ich von dem Zumba-Formationstanz, der seit Monaten im Internet global als Wettbewerb ausgetragen wird, gar nichts mitbekommen: Der Ursprung liegt demnach in Südafrika, wo Menschen spontan synchron tanzten, sich dabei aufnahmen und das Video ins Netz stellten. Andere griffen die Anregung auf, taten es ihnen gleich und veröffentlichten ihre Perfomance auch. Zunehmend übernahmen wohl Uniformierte die Idee, was einen verfremdeten Kontext bedeutet, der beim Zuschauen besondere Freude auslöst: Denn Tanzen ist grundsätzlich etwas Privates und verortet unser Gehirn deshalb in den Freizeitbereich.

Im Netz tanzen nun aber zehntausende Uniformierte. Das reicht von Kindern in Schulkleidung über Polizisten, Feuerwehrleute und Soldaten bis hin zu Flughafen-Personal und Ordensleuten. Im Covid-19-Kontext hat sich eine Zielgruppe herauskristallisiert, die trotz Dauereinsatz, Krankheit und Tod nun die Tanzszene weltweit dominiert: Krankenschwestern, Altenpflegerinnen und Rettungssanitäter. Der Reiz dieses Schauspiels liegt darin, dass es dem Bedrückenden der Pandemie für einige Minuten und etliche Hüftschwünge das Bedrohliche und Bedrückende nimmt.

Da tanzen maskierte und mumifizierte Pflegekräfte in Kolumbien, auf Kuba, in Kenia oder Köln und Hamm. Und seit wenige Tagen eben auch in Esslingen – auf den Fluren, auf der Fläche des Hubschrauber-Landeplatzes auf dem Klinikum, in der Notaufnahme oder vor Krankenwagen mit eingeschaltetem Blaulicht. Die Botschaft: Das Leben geht weiter und hat auch in aller Not noch schöne Anteile. Und: Bleibt gesund und haltet zusammen! In Esslingen hatten die Tanzenden offenbar teils nur zwei Minuten Einführung in die Choreographie, weil im Arbeitsalltag kaum Zeit für Klamauk bleibt. Umso wertvoller, dass sich die Menschen darauf einlassen.

Die Videos zeigen auch, wie unterschiedlich wir Menschen sind. Da sind die Intuitiven, die in geschmeidigen Bewegungen sofort Musik und Rhythmus in sich aufnehmen. Da sind die Extrovertierten, die noch Pirouretten extra einbauen und improvisieren. Und da sind die Zauderer, die zwar ungelenk, kritisch und verschämt sind, sich aber mitnehmen lassen vom Spirit der Gemeinschaft. Beim Schauen der Videos hatte ich teils Tränen in den Augen, weil die bewegten Bilder die Vision transportieren, wie eine friedliche Welt in Harmonie sein kann: Wunderschön, sympathisch, verschieden, humor-, fried- und liebevoll. Danke, all ihr Tänzer, die ihr Mutmacher seid. Das ist Weihnachten.

1 Comment

  1. Michel

    Großartig. Musik verbindet und ist Nahrung für Herz und Seele!

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