Einer seiner letzten großen Auftritte im Dezember 2018: Karl-Otto Völker (l.) im Talk mit seinem Freund Felix Huby. In der Manufaktur wird ihm die Ehrenbürgerwürde der Stadt verliehen. FOTO: leo

Mit dem Tod von Karl-Otto Völker verlieren die Stadt Schorndorf und das Land einen großen Demokraten – und ich einen liebenswerten Freund: Im Alter von nur 74 Jahren ist mein Nachbar nach knapp 2,5 von Krankheit geprägten Jahren gestorben. Bis zum Schluss hatte ich das Privileg, bei ihm und seiner Frau Renate sein zu dürfen. Noch am Freitagabend fragte er mich, wie ein beruflicher Termin am Vorabend gelaufen sei und meinte mit kräftiger Stimme, er habe auch noch so viele Ideen gehabt. Darauf gab ich ihm zu bedenken, ein Mann wie er hätte auch mit 90 noch viele Ideen gehabt und ich bewundere ihn, den Macher, nun für die Aufgabe, die er nun annehme.

Erst vor gut fünf Jahren, also zu einer Zeit, zu der der langjährige Fraktionsvorsitzende der SPD in Stadt- und Kreistag quasi nicht mehr wichtig war, habe ich Karl-Otto Völker so richtig kennen- und schätzengelernt. 2012 ein paar Häuser weiter in „seine“ Straße gezogen, war mir der Multi-Funktionär in Politik, Kultur, Sozialwesen und Sport bald ein Begriff und aus den Medien bekannt. So grüßte ich ihn regelmäßig beim Vorbeigehen mit Namen bis ich ihm eines Tages sagte, dass ich selbst mehr als zwei Jahrzehnte SPD-Mitglied war, als ehemaliger (Lokal-)Redakteur um die Verdienste engagierter Kommunalpolitiker wüßte und wir etliche gemeinsame Bekannte aus Politik und Gesellschaft hätten und nannte ein paar Namen.

Bald darauf grüßte er mich von Thomas Geisel, SPD-OB in Düsseldorf. Bei einem Sparkassen-Tag in der NRW-Hauptstadt, den er als Verwaltungsrat der KSK Waiblingen besucht hatte, nutzte er sein neu erworbenes Wissen, dass ich mit dem Juristen 1983 in Ellwangen Abitur und zuvor die Schülerzeitung gemacht hatte. Das Beispiel ist typisch für Karl-Otto, der wie ein Fuchs Kontakte einsetzen, Personen vernetzten und Prioritäten in seinen Kontakten setzen konnte. Denn danach begann unsere Zeit, in der wir bei ihm im Wohnzimmer oder bei uns im Garten einzelne Politiker besprachen, die Bedeutung der Medien oder die Zukunft unserer Gesellschaft.

Dabei beeindruckten mich immer wieder seine rasche Auffassungsgabe, sein Sachwissen und wie vernetzt er denken konnte; wie er ausgehend von einem christlichen Menschenbild ein klares Wertesystem hatte und dabei jede Menge Humor, Menschenliebe und Offenheit. „Das tut man einfach nicht!“ lautete seine klare Haltung, wenn mal wieder ein Politiker oder ein Dax-Vorstand in einen Skandal verwickelt war, gefolgt von dem Zusatz „in 100 kalten Wintern nicht“, wenn er die Aussage noch steigern wollte. Dabei war er ein wundervoller Erzähler von Geschichten über Alt-Bürgermeister und andere stadtbekannte Größen.

Zugleich war er offen für neue Welten und Erfahrungen. So besuchte der 70-Jährige einmal meine monatliche Männergruppe in Schorndorf und begleitete mich noch im November 2019 fünf Tage nach Beuron ins Kloster zu den Benediktinern, wo ich seit bald 35 Jahren meine geistliche Heimat habe. Im Gästeflügel bei Tisch prägte der Protestant die Gespräche und war beeindruckt von der Gastfreundschaft. An den Gebetszeiten nahm er teils interessiert teil und genoss die Landschaft im Donautal. Wenig später schrieb er dem „Südkurier“ einen Leserbrief über den erbärmlichen Zustand des Bahnhofs in Sigmaringen, an dem wir umgestiegen waren.

Unvergessen sind auch eine Stadtführung als Gottlieb Daimler, die er für Freunde aus meiner Heimatstadt Neckarsulm gab, und im Jahr darauf an meinem Geburtstag für meine Gäste eine Daimler-Führung in Bad Cannstatt. Einmal nahm er mich mit zum Glühweinstand der Stadt (der Erlös war für den Tafelladen) am Tag nach dem Weihnachtsmarkt. Er hielt regelrecht Hof und stellte mich allerhand Leuten vor, die sich phasenweise zu uns gesellten. Noch im Herbst ging er mit mir auf ein (alkoholfreies) Bier samstags in eine Fußballkneipe in „seiner“ Stadt, um den VfB spielen zu sehen, und nahm mich zu seinen Ringern (ASV) mit.

Solange er zuletzt noch einigermaßen außer Haus unterwegs war, gingen wir zwei-, dreimal gemeinsam in die Stadtkirche in den Wochenschluss-Gottesdienst. Pfarrerin Dorothee Eisrich schätzte er wie ich sehr. Karl-Otto war ein herzensguter, streitbarer Zeitgenosse. Ich bin dankbar, ihn kennengelernt zu haben und dass er es nun über seine Ziellinie geschafft hat. In meiner Trauer bin ich nun bei seiner Frau Renate und seinen Söhnen, die ich in den vergangenen Tagen näher kennenlernen durfte, sowie seinem älteren Bruder.

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