Magere 250 Demonstranten verlieren sich im Nieselregen auf dem unteren Marktplatz in Schorndorf. FOTOS: FROMM

Im leichten Nieselregen haben sich am Freitag in Schorndorf auf dem unteren Marktplatz rund 250 Demonstranten versammelt, um für die Pariser Klimaziele zu demonstrieren. Ich war ab 11.30 Uhr dabei und auf dem Hinweg neugierig, wie viele Menschen wir wohl sein würden. So fand ich den Anblick doch ernüchternd, welch kleine Schar sich nur um die provisorische Bühne gruppierte, auf der eine Band musizierte und Schüler Demorufe einstudierten. Wenig später zogen wir in einem langen Zug einmal um die City und hielten dabei ganz ordentlich den Verkehr auf. Immerhin.

Was mich irritierte, waren die vielen Passanten, die innehielten und uns beim Gehen zuschauten und teils voyeristisch fotografierten statt sich uns anzuschließen und damit die Gruppe zu vergrößern. Desselben die vielen Menschen, die aus geöffneten Fenstern zuschauten und uns teils zuwinkten statt sich einzureihen. Klar war es kalt und unwirtlich. Aber auf Erden wird es noch viel ungemütlicher, wenn wir als Menschheit jetzt nicht handeln und unseren Politikern – per Abstimmung mit den Füßen – endlich das Signal und die Erlaubnis geben, Gesetze zu verschärfen, klimaschädliches Verhalten teils zu verbieten und Ressourcenverschwendung zu verteuern.

Trotzen dem Dauerregen: Demonstranten jeden Alters, die sich in Schorndorf für Fridays for Future stark machen.

Interessant waren für mich Gespräche mit jungen Mitdemonstrierenden, die teils erst dieses Jahr Abitur gemacht haben – und bei Daimler (!!!) übergangsweise jobbten. Da fehlt mir vielfach die Entschlossenheit, gar Radikalität, mit der wir in den 1980er-Jahren gegen Atomwaffen, Kernenergie oder Kapitalismus demonstriert haben. Diese jungen Erwachsenen wirken auf mich kraftlos, brav, diffus und letztlich ratlos. Ich vermisse die Empörung darüber, was unsere Generation in den vergangenen Jahrzehnten angerichtet hat und die Zaghaftigkeit, mit der Politiker lavieren. Irgendwie scheint mir diese Generation längst „gekauft“, vom Wohlstand der Eltern, und resigniert – durch das ewige Gerede und Anlaysieren auf allen Ebenen, ohne dass signifikant gehandelt wird.

Da spüre ich mehr Power im Leib: Etwa wenn ich die Idee hatte, mit den 250 Demonstranten und ihren nassen Regenschirmen jetzt mal in den H&M hineinzugehen statt nur vorbei. Oder den Zuschauern zuzurufen, dass sie nicht gaffen und glotzen sollen, sondern mitkommen oder weitergehen. Ohnehin ertrage ich den ganzen Black-Friday- und Cyber-Monday-Scheiß kaum mehr und frage mich, was es noch zu kaufen gibt, wo doch längst jeder nahezu alles hat – außer (Selbst-)Liebe. Wir haben als Studenten „Wettbewerbe“ und Selbsterfahrungen veranstaltet, zum Beispiel ein Jahr lang keine Textilien zu kaufen. Das hat funktioniert, Geld gespart und Spaß gemacht. Vielleicht waren wir damals sogar noch weiter als heute.

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