Zugspitze ist ein begehrtes Ziel: Warten am Einstieg in den Klettersteig. FOTOS: FROMM

Ein Gefühl von Freiheit und Erhabenheit der Natur, die uns auf unser wahres Maß als (kleiner) Teil der Schöpfung zurückstuft, habe ich vorige Woche beim viertägigen Wandern rund um Garmisch-Partenkirchen erlebt. Nach dem Aufstieg durch das Höllental zur gleichnamigen Hütte auf 1300 Metern Höhe am Ankunftstag, war am Mittwoch die Zugspitze mit 2900 Höhenmetern unser Highlight. Mit vier Freunden wanderten wir bis zum Schneefeld, das wir mit Gröteln und Eispickel passierten, ehe wir uns in eine Warteschlange einreihten, die sich vor dem Einstieg in den rund 900 Meter hohen Klettersteig bildete, der allerdings weitestgehend gut begehbar und mit Stahlseilen gesichert ist.

Der Gipfel selbst war nahezu kaum zu erklimmen, weil die je 80 Menschen fassende Gondel zur Zugspitze im 20-Minuten-Rhythmus Menschen nach oben spülte. Diese Begegnung war ein harter Kontrast nach den Entbehrungen des Aufstiegs in der Einsamkeit der Felswand, die ich nur mit wenigen Bergwanderern vor und hinter mir geteilt hatte. Hier oben war bei strahlend blauem Himmel eine Art Volksfest, bei dem gefühlt 800 Menschen teils in Blusen und Kostümen mit lackierten Fingernägeln oder mit dicken Bäuchen im Schlabberlook an Biertischen saßen, rauchten, Eisbecher schlürften und Gerstensaft konsumierten.

Und dennoch waren der einzigartige Weitblick in die Alpen, die Freude über den eigenen sportlichen Erfolg und die Gemeinschaft als Quintett ungetrübt. Allerdings ist von den einst flächendeckenden Gletschern kaum etwas übriggeblieben. Nach zwei alkoholfreien Weizen stiegen wir zur Knorrhütte auf rund 2100 Metern ab. Tags darauf hatte das Wetter umgeschlagen und im teils leichten Nieselregen und Nebel über uns stiegen wir zur Reintalangerhütte auf 1369 Metern ab, die wir nach zwei Stunden bereits um 10.30 Uhr erreicht hatten. Einen Ausflug von unserem dritten Übernachtungsquartier aus unterließen wir auf Grund des Regens und binokelten statt dessen fast den ganzen Tag. Am Freitag ging es schließlich 3,5 Stunden zurück zu Fuß, zuletzt durch die touristisch überlaufene Partnachklamm, was man leider bereits sehr frühzeitig am steigenden Müllaufkommen in der Natur erkannte.

Oberhalb der Partnachklamm stehen Unmengen kleiner Steinrtürme, die Wanderer liebevoll aufgebaut haben.

Mein Wahrnehmung, nachdem ich die Tour bereits vor 30 Jahren schon einmal absolviert habe: Die Berge sind heute deutlich „überlaufener“, die Hütten teils fabrikartig organisiert und vereinzelt findet sich Abfall von Schokoriegeln, Taschentüchern oder Getränken auch in den höheren Lagen. Die Wanderer scheinen teils wie uniformiert, ausgestattet in denselben Outdoorläden und von denselben Herstellern. Allerdings sind Freundlichkeit und soziale Kompetenz untereinander weit verbreitet, was insbesondere auf den Hütten mit ihren begrenzten Kapazitäten in allen Bereichen vom Schlafen über die Toilette und den Trockenraum bis zu den Tischen und der Essensausgabe reicht. Klimawandel und Umweltzerstörung sind in vielen Gesprächen auch präsent. 2020 will unser Quintett übrigens wieder wandern gehen.

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