Ex-Spiegel- und Drehbuchautor Felix Huby (r.) plaudert in der Manufaktur mit seinem Freund Karl-Otto Völker über dessen politische Anfänge 1968. FOTO: FROMM

Als ehemaliger Lokalredakteur weiß ich, wie es sich anfühlt, in öffentlicher Gemeinderats- oder Kreistagssitzung bis zu 20 Tagesordnungspunkte in drei oder vier Stunden abzusitzen, zu verstehen und die Wortgefechte, Spielereien, Geplänkel und Machtdemonstrationen nachzuvollziehen und teils zu ertragen. Meist haben die Mandatsträger noch eine nicht-öffentliche Sitzung davor oder danach und dazu kommen Ausschuß- und Fraktionssitzungen.

Und: Als stadtbekannter Kommunalpolitiker bekommt man ständig Anrufe besorgter Bürger oder andere Fraktionen und die Stadtverwaltung wollen bei Dir für ihre Positionen werben. Mein Nachbar Karl-Otto Völker war bis 2016 38 Jahre Gemeinderat, davon die meiste Zeit als Fraktionsvorsitzender der SPD. Außerdem war er 20 Jahre Kreisrat und in dieser Eigenschaft u.a. Mitglied im Verwaltungsrat der Kreissparkasse. Hinzu kommen weitere Ehrenämter im Vereinsleben.

Den 72-Jährigen, der der Allgemeinheit soviel Zeit seiner Lebenszeit geschenkt hat, kenne ich erst seit wenigen Jahren, weil ich zufällig in derselben Straße wohne wie er. Wir haben uns aber von Anfang an verstanden, weil wir politisch denkende, gut informierte und interessierte Menschen sind und auf Grund unserer öffentlichen Rollen viele Überschneidungen bei Themen und Personen des öffentlichen Lebens  haben. Während ich aber das Meiste als Redakteur oder PR-Berater für Geld gemacht habe, hat er sich für die Allgemeinheit ehrenamtlich eingesetzt.

Dass er gestern in seiner geliebten Manufaktur, die er vor 50 Jahren gleichfalls mit gegründet hat, im Beisein hunderter Gäste zum Ehrenbürger der Stadt Schorndorf ernannt wurde, freut mich umso mehr für ihn. Den Laien kommunalpolitischer Prozesse sei gesagt, dass dies der Gemeinderat zuvor beschließen musste und diese Mehrheuit in seinem Fall überwältigend war.

Was ich über Karl-Otto sagen kann, ist, dass er ein intelligenter Kopf ist, den ich allein schon wegen seiner Eloquenz nicht zum Gegner wollte. Was mir stets gefallen hat, sind sein breites Wissen, sein Humor und seine dienende, unaufgeregte Haltung, aus der heraus er agiert. Zwar weiß er um seine (staatsmännische) Wirkung, aber er kokettiert nicht damit. Er kann zuhören, ist interessiert und – was gestern vielfach erwähnt wurde – er kümmert sich.

Wo eben viele vor allem nach sich schauen und sich in nichts einmischen, um auch in nichts hinein zu kommen, hat er sich eingemischt. Sein Primat dabei: Es soll gerecht zugehen. Dabei war er souverän und helle genug zu wissen, dass man „gerecht“ auch anders definieren kann als er. Aber darüber zu debattieren und zu streiten, war und ist für ihn lohnenswert. Und dabei gehört auch seinem politischen Widerpart sein ganzer Respekt, wenn er spürt, dass dieser aus denselben (edlen) Motiven für seine Sache einsteht.

Dass die SPD in Schorndorf über Jahrzehnte überdurchschnittlich gute Wahlergebnisse hatte, war und ist sicher auch sein Verdienst. Denn jenseits aller Fakten und allen Detailwissens haben die Wähler offenbar gespürt, der Vater zweier erwachsener Söhne ist eine ehrliche Haut. Jetzt, wo Karl-Otto mehr Zeit hat, genieße ich die Abende, mit ihm und seiner Renate bei einem Glas Bier oder Wein über Politik, Marktwirtschaft oder gesellschaftliches Engagement zu diskutieren. Karl-Otto, Du bist mir ein Vorbild in Sachen Demokratie und Dienen. Danke für Deine Freundschaft.

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