Der Überfall der Ukraine durch russische Truppen Ende Februar 2022 war ein weiterer Beleg dafür, weshalb ich für die Gattung Mensch auf diesem Planeten keine Hoffnung mehr habe. Denn statt global die Transformation der fossilen in eine regenerative Industriegesellschaft voranzutreiben, was ohnehin Billionen US-Dollar kostet, liegt der Primat seither wieder darauf, die Rüstungsausgaben deutlich zu erhöhen und die produzierten Waffen und die Munition sofort zu benutzen.
Der niederländische Klimaforscher Lennard de Klerk hat nun untersucht, welche CO2-Emmissionen das auslöst, und in der Süddeutschen vom Freitag habe ich darüber gelesen. Parallel dokumentiert die Ukraine die Umweltschäden durch russische Angriffe, etwa verseuchtes Wasser, vergiftete Böden, verbrannte Wälder und verminte Felder, um nach dem Krieg Reparationsforderungen stellen zu können.
Bis November 2023 seien so bereits 60 Milliarden Dollar Umweltschäden aufgelaufen. Parallel hatte de Klerk mit Kollegen der Universität Kiew eine Kohlenstoffbilanz für die ersten 18 Kriegsmonate erstellt. Sie kamen auf ein Äquivalent von 150 Millionen Tonnen CO2, was mehr ist als die komplette belgische Volkswirtschaft pro Jahr verursacht. Zum Vergleich: Jeder Bundesbürger emittiert aktuell elf Tonnen CO2 pro Jahr.
37 Millionen Tonnen CO2 entfielen demnach auf den Sprit, den Panzer und Lkw verfahren; Produktion und Gebrauch von Waffen und Munition sowie den Bedarf an Stahl und Beton, um die kilometerlangen Befestigungsanlagen an der Front zu errichten. 22 Millionen Tonnen Emissionen lösten die 130.000 Brände aus, die durch Beschuss ausgelöst wurden. Das entspricht mehr als dem gesamten Jahresausstoß Litauens.
18 Millionen Tonnen CO2 entfallen auf den zivilen Flugverkehr, der weite Umwege nehmen muss, um den Luftraum über dem Kriegsgebiet zu meiden. Weitere 55 Millionen Tonnen Treibhausgas werden demnach emittiert, wenn die Kriegsschäden beseitigt und das Land neu aufgebaut wird. Das entspricht den aktuellen Emissionen der deutschen Stahlproduktion pro Jahr. De Klerk verweist darauf, dass dies Schätzungen seien, zumal die Militärs wenig auskunftsfreudig sind.
So könne man auch hinzurechnen, welche Emissionen die hunderttausendfachen Fluchtbewegungen auslösen, die Versorgung der Flüchtlingscamps mit Lebensmitteln, Zelten, Decken etc. oder die internationale Pendeldiplomatie, weil Politiker Flugzeuge besteigen und Treffen arrangieren. Noch gebe es für diese Art der Klimaberechnung noch keine Standards, aber die Ukraine war und ist die Premiere für eine solche Bewertung.
Vor diesem Hintergrund hat auch Benjamin Neimark, Klimageograf an der Queen Mary Universität in London Daten aus den ersten beiden Monaten des Gaza-Konflikts ausgewertet. Hier werde allein der Aufbau von 100.000 zerstörten Gebäuden 30 Millionen Tonnen CO2 emittieren. Da entspricht dem Jahresverbrauch der Volkswirtschaft von Neuseeland. Für 2022 hatten Konfliktforscher errechnet, dass auf das Militär global bereits in Friedenszeiten 5,5 % aller CO2-Emmissionen entfallen: Dazu zählen Aufklärungs- und Übungsflüge, Logistik und Manöver, der Betrieb von Kasernen u.v.m.
Schon diese Emissionen benenne nahezu keine Nation in ihrer Gesamtklimabilanz. Und wenn nun weltweit die Rüstungsausgaben erhöht werden, werde sich dieser Anteil eher erhöhen, denn senken, mahnen die Forscher dieser Studien und Erhebungen.