Eine Reflexion über Auszeiten, die Männer freiwillig oder erzwungener Maßen nehmen, war das Adelberger Männervesper, das ich halbjährlich im evangelischen Gemeindehaus besuche. Rechberghausen Pfarrer Markus Herb brachte mit seinen Impulsen gestern (30.11.) die 22 Männer zum Reden.
„Ich war 30 Jahre stolz, fast nie krank zu sein,“ sagt ein Lehrer, den ein Hörsturz vor zwei Jahren gut zwei Monate in den Krankenstand zwang. Seine Erfahrung: Es ging auch ohne hin, er konnte einfach im Garten sitzen und die Botanik genießen und nie sei er so herzlich empfangen worden im Kollegium wie nach dieser Auszeit. Seither achte er auf sich, verlangsame seine Geschwindigkeit und gönne sich Pausen.
Pfarrer Herb hatte zuvor von seinem Opa erzählt, der noch Stunden zur Arbeit täglich zu Fuß ging – hin und zurück. Das seien Auszeiten gewesen. Die wenige Freizeit habe der Opa am Stammtisch im Wirtshaus oder im Garten mit Imkern verbracht. Auch die sechs Jahre als Soldat und in Gefangenschaft seien Auszeiten des Opas gewesen. Im Mittelalter seien die Menschen gepilgert, um Abwechslung vom mühseligen Alltag zu haben.
Heute sei nicht nur die Arbeitszeit massiv verdichten, sondern auch die Freizeit, weil alles möglich scheint, die Menschen die finanziellen Mittel haben und via Smartphone permanent erreichbar sind. Die Folgen seien Überforderung und Stress, auf die der Körper mit Bluthochdruck, Rückenleiden oder Burn-out reagiert. Früher, so Herb, seien Wehr- oder Zivildienst noch Auszeiten gewesen, die neue Erfahrungen ermöglichen. „Die moderne Form ist Elternzeit, die aber Männer selten nehmen und die am Arbeitsplatz wenig akzeptiert ist,“ so der Referent. Auch das Sabbatjahr sei heute populär, wobei auch dieses kaum Männer nutzen. Erzwungene Auszeiten seien dagegen Arbeitslosigkeit, Unfälle oder psychische und physische Krankheiten.
Als er ins Plenum fragt, welche Auszeiten seine Zuhörer kennen und nehmen, kommen die Männer ins Reden: Joggen, Radfahren, Wandern werden da genannt, oder Besuch von Gottesdienst, Klosteraufenthalt oder Urlaub. Herb macht deutlich, dass es unterschiedliche Längen von Auszeiten gibt, in Gemeinschaft oder allein. So sei auch das Männervesper eine Auszeit.
„Beim Pilgern oder Wandern ist man schutzloser, offener, vieles ist nicht planbar, weshalb das gute Phasen der Bewußtwerdung sind,“ so Herb, der als Landesmännerpfarrer schon früher in Adelberg referiert hat. Ein Rentner erzählt, dass sich die Gespräche mit Freunden verändert hätten: „Früher haben wir über Beruf, Kinder, Urlaub gesprochen, heute über Pflegeversicherung, Patientenverfügung und wie jeder bestattet werden will.“ Dieser Austausch sei ihm wertvoll.
Herbs Fazit: Während Frauen oft durch Schwangerschaft und Familienphase natürliche Auszeiten hätten, müssten Männer sich diese selbst kreieren. Die Männer lud er ein, sich solche Auszeiten, kurze wie lange, zu gönnen. Begonnen hatte der Abend wie immer mit einem zünftigen Vesper, vor dem Pfarrer Tilman Schühle das Tischgebet sprach. Nach 90 Minuten in großer Runde tauschten sich die Männer bei Bier und Viertele noch freundschaftlich aus.