Tiefe Einblicke in mein Fachgebiet der Energiewende habe ich am Freitag mehr als 40 Interessierten bei Kolping in Schorndorf gegeben. Eine lebendige Diskussion belegte, dass das Thema die Bürger umtreibt. Ohne Manuskript und Folien habe ich meine Zuhörer offenbar für das komplexe Thema erreicht.
An Hand persönlicher Recherchen seit 2007 erzählte ich Geschichten aus meinem Berufsalltag, die verständlich und lebendig machten, was sich hinter den widersprüchlichen Informationen und den unzähligen Interessen von Lobbyisten verbirgt. „Wir haben aktuell bis zu 180 Prozent Stromversorgung, weil wir noch alle Systeme der alten und neuen Energiewelt parallel bedienen,“ erklärte ich die steigenden Energiekosten.
Die Lage werde sich beruhigen, wenn 2024 das letzte Atomkraftwerk vom Netz geht, 2030 das letzte Kohlekraftwerk und parallel vermutlich Verbrennungsmotoren bei Neuwagen verboten werden. „Ich referiere Ihnen fast nur, was alles auch in der Zeitung steht, nur überlesen Sie die vielen Details, weil Ihnen die Einordnung fehlt,“ sagte ich. Ich schreibe vor allem für Fachzeitschriften über Firmen quer durch alle Branchen, die sich bereits CO2-neutral gemacht haben. Mein jüngstes Beispiel: Der Ensinger Mineralbrunnen, der aktuell zu 87 Prozent CO2-neutral ist.
Das Muster ist immer dasselbe: Verschwendung wird konsequent vermieden, Abwärme oder -kälte recycelt, regenerative Energien genutzt und fossile Energieträger ersetzt, etwa Zuckerrübenreste statt Diesel oder Holzhackschnitzel statt Heizöl. „Die Techniken sind inzwischen alle da – zu marktfähigen Preisen,“ sage ich. Aus meiner Sicht hakt die Energiewende am meisten an der physikalischen Unwissenheit der Entscheider in Firmen und aktuell auch am Fachkräftemangel, weil die Umstellung der Systeme einen erheblichen Mehraufwand bedeutet.
„Katastrophal für Investitionsentscheidungen,“ so meine These, ist „der Dilettantismus der Politik, alle paar Monate eine neue Sau durchs Dorf zu jagen.“ Denn was Unternehmen brauchen, um oft Millionenbeträge zu investieren, ist Planungssicherheit, zumindest mal für sieben, acht Jahre. Viele Beispiele belegen, dass Investitionen in Energiethemen wie PV zum Eigenverbrauch, ein Energiemanagementsystem oder Speicher Renditen von bis zu zwölf Prozent ergeben.
Wenn die Firmenkundenbetreuer der Banken das verstünden, wäre schon viel erreicht. Bei Zinsen von aktuell 1,5 Prozent ergäbe das lukrative Geschäfte für das heimische Handwerk und die Banken könnten endlich ihre Milliarden platzieren, die sie aktuell für Strafzinen von 0,4 Prozent bei der Bundesbank parken. Wer unter den Zuhörern aber auf Politiker, Banker oder Unternehmer schimpfen wollte, dem stellte ich die Gegenfrage: „Und was tun Sie ganz persönlich, damit die Energiewende gelingt?“
Meine Antwort: „Fragen Sie vor der nächsten Wahl jeden Kandidaten, was er für die Energiewende tut.“ Und: „Machen Sie Ihrem Gemeinderat und den Stadtwerken Druck, dass Ihre Kommune CO2-neutral wird.“ Tübingen hat es binnen zehn Jahren geschafft, seinen CO2-Ausstoß um 22 Prozent zu reduzieren. Parallel hat sich die Gewerbesteuer verdoppelt und die Einwohnerzahl deutlich erhöht.