Eine faszinierende Einführung in die christliche ZEN-Meditation hat gestern Abend Bruder Jakobus (OSB) in Geislingen gegeben. Eine 15-minütige Praxiserfahrung, die mir viel kürzer vorkam, rundete den Vortrag bei der Evangelischen Erwachsenenbildung ab. Bereits die Selbstvorstellung des Benediktiners faszinierte mich, der über eine Lebenskrise während des Jura-Studiums in Heidelberg, die er als Nahtoderfahrung nicht näher ausführte, sich „auf Gott ausrichtete.“

Als 30-Jähriger, der zuvor das Diplom in katholischer Theologie in Benediktbeuren erworben hatte, trat der 1949 in Mageburg Geborene in Beuron ein. Seither befasst er sich mit Hugo Lasalle (1998-1990), der sich nach einer Kriegsverletzung 1917 einem spirituellen Leben zuwandte und in Japan „missionierte“. Dies tat der spätere Ehrenbürger von Hiroshima primär dadurch, dass er die fernöstliche Kultur und damit den ZEN-Buddhismus besser kennenlernen wollte.

„Die benediktinische Kontemplation ist den Buddhisten vertraut“, sagt Bruder Jakobus während seines gut einstündigen Vortrags. Es habe für Lasalle gesprochen, den Japanern das Christentum nicht „überzustülpen“, sondern achtsam deren Seelen zu erforschen, um ihnen auf ihrem Weg das Wort Gottes zu verkünden. Immer wieder schlägt er in seinem theologischen Vortrag gleichermaßen kundig wie kurzweilig Bögen zur Weltgeschichte.

So habe die Seidenstraße als Handelsweg über Jahrhunderte den Austausch gefördert, dass sich westliche und östliche Glaubensimpulse wechselseitig befruchten. Das belegt er mit Bildern aus der Malerei, wo Jesus unterm Kreuz seine Mutter Maria und der Jünger Johannes zur Seite stehen. In Japan gibt es Bilder von Buddha („der ins Leben gerufene“), dem die Weisheit (= Johannes) und die Barmherzigkeit (= Maria) in Gestalt von Personen zur Seite stehen.

„Großes hat immer ganz klein angefangen“, ist etwa so ein Satz, mit dem Jakobus manchen im Saal tröstend berührt. Oder: „Wecke den Buddha in Dir, was will da ins Leben gerufen werden, was bisher als Potential schlummert oder vergraben ist?“ Die ZEN-Meditation diene genau dieser Entdeckung und der entsprechende Sitz, den er später bei der praktischen Übung auf einem Tisch einnimmt, sei eine „über Jahrtausende entwickeklte Kulturleistung“, weil in dieser Haltung „die Energie bestmöglich durch unseren Körper fließt.“

Der Meditierende sitze wie der Berg Fuji und seine Gedanken zögen vorbei wie die Wolken. Dabei warte er, teils unter Schmerzen, auf den Moment, in dem der Blick frei und ungetrübt wird und er ganz klar hört und sieht. Deshalb lasse er „die Wolken“ (= Gedanken), aber auch die Schmerzen kommen und gehen. Es gehe um das Loslassen – und empfangen.

Ich hätte Jakobus noch Stunden zuhören können und vielleicht besuche ich einmal einen seiner Kurse. Morgen fahre ich ohnehin für eine Woche nach Beuron, um Urlaub im Ambiente dieser Klosteranlage zu machen und im Rhythmus der Mönche mitzuleben.

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